Großer Schock im Frauen-Volleyball: SC Potsdam zieht sich unverzüglich aus der Bundesliga zurück
Potsdam/Dresden – Nur zwei Wochen vor dem geplanten Saisonstart kommt es zum Sensations-Coup: Der SC Potsdam zieht sich mit sofortiger Wirkung aus der Volleyball-Bundesliga der Damen zurück und entgeht damit einer ausbleibenden Lizenzerteilung. Dies gab die Liga am Donnerstag offiziell bekannt.
Der Verein, der seit zwei Jahren öffentlich unter Korruptionsvorwürfen bezüglich Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug steht, befindet sich in einer finanziellen Krise.
„Die Spielbetriebsgesellschaft konnte trotz mehrfacher Fristverlängerungen die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht nachweisen. Daher scheidet das Team aus dem Spielbetrieb aus“, heißt es in der offiziellen Erklärung der Liga.
Bis zuletzt versuchte der Lizenzierungsausschuss alles, um den Volleyball-Standort Potsdam zu sichern, doch ohne Erfolg. „Dabei hat der Ausschuss seinen Ermessensspielraum in den vergangenen Wochen vollständig ausgeschöpft“, erläutert Sprecherin Josephine Dörfler und ergänzt:
„Seit dem Lizenzbescheid am 18. Juni war klar, dass mit der vorgelegten Planung keine Lizenz erteilt werden kann. Mit diesem Bescheid wurde zugleich eine Nachlizenzierung angeordnet. Im weiteren Verfahren konnten die Budgets für die Saison 2025/26 nicht mit den notwendigen Erlösnachweisen belegt werden. Zudem konnte das negative Eigenkapital nicht ausgeglichen und eine durchgehende Zahlungsfähigkeit nicht garantiert werden.“
Bereits jetzt sollen einige Spielerinnen nach neuen Vereinen Ausschau halten, da ihre Verträge somit ungültig sind.
Potsdam selbst stellt die Lage anders dar und kritisiert die Liga scharf: „Der Volleyball-Bundesliga wurde sogar ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt, das die Wirtschaftlichkeit für die kommende Saison bestätigt“, erklärt Eugen Benzel (38), Geschäftsführer der SC Potsdam Sport & Marketing GmbH. „Ich bin tief enttäuscht. Unsere Spielerinnen, das Trainerteam, Partner, Fans und alle Unterstützer haben das nicht verdient. Das Vorgehen der Liga kann ich nicht nachvollziehen. Der Schaden ist enorm.“
Allerdings muss auch erwähnt werden, dass die Liga in den vergangenen zwei Jahren bei der Lizenzvergabe immer wieder ein Auge zugedrückt hat, um den sportlichen Wettbewerb zu erhalten und den stets erfolgreichen Verein nicht auszuschließen. Viele Konkurrenten, insbesondere wirtschaftlich solide arbeitende Clubs, fanden das weniger erfreulich.
Im April 2023 wurde die SC Potsdam Sport und Marketing GmbH als hundertprozentige Tochter des Stammvereins SC Potsdam gegründet, wodurch die Profi-Volleyballabteilung ausgegliedert wurde.
Seit August 2023 ist Benzel als Geschäftsführer im Amt und folgte damit auf den wegen der Vorwürfe ausgeschiedenen Ex-Manager Toni Rieger (48). Im Frühsommer 2023 kam es im Präsidium zu einem heftigen Konflikt, als Verdachtsmomente zu Steuerhinterziehung und Sozialleistungsbetrug im Bundesliga-Team öffentlich wurden.
Spielerinnen und Betreuer sollen demnach Scheinverträge unterschrieben haben, um Übungsleiterpauschalen, Reisekosten und Teile der Gehälter steuer- und sozialversicherungsfrei zu erhalten.
Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein, nachdem der Stammverein selbst Anzeige erstattet hatte. Zudem fand eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt statt. Trotzdem erhielt Potsdam im Sommer 2023 die Lizenz, vermutlich auch, weil die Liga den Vizemeister von 2022 und 2023 nicht aus dem Wettbewerb ausschließen wollte. Bereits im November 2022 hatte der Klub erstmals den Supercup gewonnen.
Auch im Sommer 2024 gab es erneute Turbulenzen, als in einer Zeitung von der Insolvenz der Volleyball GmbH berichtet wurde, was der Verein allerdings dementierte. Dennoch wurden Verbindlichkeiten in Höhe von 333.494 Euro bekannt.
Der Rückzug des SC Potsdam ist nicht nur für die Liga, die sich gerade mit dem Aufstieg von drei Zweitligisten stabilisieren wollte, sondern auch für den geplanten Auftaktgegner eine große Herausforderung.
Am Freitag, den 10. Oktober um 19 Uhr, sollten der Vizemeister und Pokalsieger Dresdner SC und der SC Potsdam in Sachsen die Saison eröffnen. Dieses Eröffnungsspiel fällt nun – zumindest gegen Potsdam – aus. Der Ticketverkauf lief bereits, wurde aber nach Bekanntwerden des Rückzugs von Seiten des DSC gestoppt.
Cheftrainer Alexander Waibl (57) und sein Team sind startklar für die neue Saison. Daher stellt dieser außergewöhnliche Vorfall eine große sportliche und organisatorische Belastung dar.
„Wir wurden völlig unvorbereitet und nur 14 Tage vor Saisonbeginn vor vollendete Tatsachen gestellt. Im Hinblick auf das geplante Heimspiel am 10. Oktober setzen wir alles daran, um Lösungen zu finden, damit das Spiel nicht ausfallen muss“, wird DSC-Geschäftsführerin Sandra Zimmermann (38) in der offiziellen Mitteilung des DSC zitiert.
Der DSC wird am 10. Oktober auf jeden Fall spielen und sucht derzeit dringend nach einem Ersatzgegner – möglicherweise aus dem internationalen Bereich, da die anderen Bundesligisten bereits am Wochenende im Einsatz sind.
Erstmeldung um 18:40 Uhr, aktualisiert um 19:46 Uhr.