Deshalb ist der Nationaltrainer momentan beim DSC zu Gast
Dresden – Am Reformationstag nutzte der DSC die Gelegenheit, sich in aller Ruhe auf das Ost-Duell am Samstag (17.15 Uhr) gegen den SSC Palmberg Schwerin vorzubereiten. Doch auf der Tribüne der Margon Arena war ein besonderer Besucher anwesend: Der japanische Nationalcoach Ferhat Akbas (39).
Der türkische Trainer reiste bereits zur Begegnung am Mittwoch in Stuttgart an und machte sich anschließend auf den Weg in die sächsische Landeshauptstadt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Er wollte seine Nationalspielerin Miku Akoimoto (19) persönlich treffen.
Akbas verbindet eine lange Bekanntschaft mit DSC-Coach Alexander Waibl (57), die aus gemeinsamen Stationen als Klubtrainer in der Türkei und Polen stammt. TAG24 sprach am Freitag mit dem 39-Jährigen in einem Interview.
TAG24: Weshalb sind Sie derzeit in Deutschland und besuchen gerade den DSC?
Ferhat Akbas: „Ich reise, um die japanischen Spielerinnen zu treffen, die im Ausland aktiv sind. Den Anfang machte Miku, nächste Woche werde ich nach Italien und weiteren Ländern reisen, um noch mehr Spielerinnen aus Japan zu sehen. Ich begann mit Miku, da sie eine der jüngsten Talente ist, die außerhalb Japans spielen. Ich denke, sie braucht etwas Unterstützung. Sie leistet hier in der Bundesliga großartige Arbeit. Ich bin sehr stolz auf sie und nach allem, was ich von ihr gehört habe, fühlt sie sich hier wohl. Alles läuft bestens.“
TAG24: Hatten Sie Einfluss auf die Entscheidung, dass Miku zum DSC wechselt?
Ferhat Akbas: „Ich erfuhr erst nach meiner Ernennung zum Nationaltrainer Japans von ihrem Wechsel nach Dresden. Daher war ich an dieser Entscheidung nicht beteiligt.“
TAG24: Wie bewerten Sie Mikus Ausleihe zum DSC?
Ferhat Akbas: „Ich erwarte mir viel von ihrer Zeit in Dresden. Miku muss lernen, Verantwortung im Team zu übernehmen, und nach dem, was ich bisher gesehen habe, meistert sie das bereits hervorragend. Sie braucht Zeit, doch die Ziele des Vereins und ihre persönlichen Vorstellungen stimmen sehr gut überein. Dresden ist ein idealer Ort für ihre sportliche und persönliche Weiterentwicklung. Ich freue mich sehr, dass sie hier spielt. Miku hat keine Probleme, sich an neue Bedingungen anzupassen. Die größte Herausforderung dürfte aus meiner Sicht die Sprache sein, ansonsten sehe ich keine weiteren Hürden für ihre Integration.“
TAG24: In welcher Position wird Miku in der japanischen Nationalmannschaft eingesetzt?
Ferhat Akbas: „Japanische Spielerinnen sind vielseitig einsetzbar und können beide Seiten abdecken. Alle meine Nationalspielerinnen sind in der Lage, sowohl auf der Diagonalposition als auch auf der Außen-Annahmeposition zu spielen. Im Nationalteam haben wir auf beiden Positionen sehr starke Athletinnen. Miku gilt als Nachwuchstalent mit großem Potenzial. Bisher spielte sie vorwiegend auf der Diagonalposition, aber künftig kann sie flexibel beide Rollen übernehmen, denn in Japan gibt es hinsichtlich der Positionsverteilung keine festen Grenzen.“
TAG24: Was stellt für Miku die größte Herausforderung dar?
Ferhat Akbas: „Auf ihren Schultern lastet viel Druck wegen der Erwartungen und Hoffnungen, die man in sie für die Zukunft setzt. Vor allem mental muss sie sich darauf einstellen. Ihre technischen Fähigkeiten sind bereits sehr gut. Sie ist eine fast perfekte Spielerin, die sich natürlich noch weiterentwickeln muss, doch die mentale Komponente ist die größte Herausforderung und auch der Grund, warum sie gerade in Dresden ist.“
TAG24: Sehen Sie in Miku eine Bereicherung für die Bundesliga?
Ferhat Akbas: „Ich bin überzeugt, dass verschiedene Kulturen einer Liga zusätzliche Qualität verleihen. Japanische Spielerinnen bringen eine besondere spielerische Kompetenz mit. Miku in der Bundesliga zu haben, ist sowohl für die Liga als auch für sie selbst ein großer Gewinn.“
TAG24: Sie sind seit Sommer Trainer der japanischen Nationalmannschaft. Was ist für Sie persönlich die größte Herausforderung?
Ferhat Akbas: „Nationaltrainer Japans zu sein, erfüllt mich mit großem Stolz, da ich der erste Ausländer in diesem Amt bin. Es ist eine große und anspruchsvolle Aufgabe, doch ich bin sehr glücklich darüber. Ich versuche, eine Brücke zwischen internationalen Innovationen und der japanischen Volleyballtradition zu schlagen. Unser großes Ziel ist es, bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles hervorragende Ergebnisse zu erzielen.“
TAG24: Welche Unterschiede nehmen Sie bei der Arbeit in Europa und Japan wahr?
Ferhat Akbas: „Grundsätzlich ist die Volleyballsprache weltweit identisch. Natürlich gibt es einige Unterschiede, doch viele Aspekte sind gleich.“
TAG24: Auf welche Weise kommunizieren Sie mit Ihrem Team?
Ferhat Akbas: „Ich bemühe mich sehr, Japanisch zu lernen. Ansonsten kommunizieren wir auf Englisch, was anfangs eine große Herausforderung war, mit der Zeit aber immer besser klappte.“
TAG24: Sie haben das Spiel des DSC in Stuttgart bereits gesehen – wie beurteilen Sie die Mannschaft in dieser Saison?
Ferhat Akbas: „Es ist noch der Anfang der Saison, entscheidend ist immer die zweite Halbzeit. Nach dem, was ich bisher gesehen habe, halte ich das Team des DSC für sehr stark. In der zweiten Saisonhälfte sehe ich den DSC als einen ernsthaften Anwärter auf die Meisterschaft. Alle Spielerinnen sind jung und jede Position ist gut besetzt. Sie verfügen über großes Potenzial, zudem fehlt aktuell noch eine verletzte Spielerin (Lorena Lorber Fijok, Anm. d. Red.), die bald zurückkehren wird. Außerdem steht mit Alex ein äußerst erfahrener Trainer an der Seitenlinie. Dresden wird sicherlich auch in dieser Saison eine wichtige Rolle spielen.“