zurück

Bedroht von Putins Verbündeten: Athletin erhält Erlaubnis, nach Flucht an WM teilzunehmen

Warschau (Polen) - Die unglaubliche Geschichte von Krystsina Tsimanouskaya (26) könnte direkt aus einem Spionage-Thriller stammen: Bei den Olympischen Spielen in Tokio gelang ihr die Flucht vor den belarussischen Behörden, die sie zur Heimkehr zwingen wollten. Obwohl sie nur knapp entkam, durfte sie anschließend an keinen internationalen Wettbewerben teilnehmen. Bis heute.

Krystsina Tsimanouskaya darf nun für Polen die am Samstag startenden Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Budapest (Ungarn) bestreiten.

Zwei Jahre lang konnte die damals 26-Jährige an keinem internationalen Wettbewerb teilnehmen. Alles begann vor zwei Jahres.

Die gebürtige Athletin aus der belarussischen Stadt Kliawitschy wurde bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 von ihrem ehemaligen belarussischen Verband angewiesen, in der 4x400 Meter Staffel an den Start zu gehen, da die vorgesehenen Läuferinnen Hanna Michajlawa (25) und Kryszina Muljartschik (25) wegen verpasster Dopingkontrollen gesperrt wurden.

Tsimanouskaya, die sich auf 100- und 200-Meter-Läufe spezialisiert hat, kritisierte die Entscheidung öffentlich.

Am 1. August 2021 wurde die damals 26-jährige Athletin von den belarussischen Behörden unfreiwillig zum Flughafen Haneda (Japan) gebracht, um sie über Istanbul (Türkei) zurück nach Minsk, die Hauptstadt Weißrusslands, zu fliegen.

In Gesprächen mit der Presse erklärte Tsimanouskaya später, dass ihr Cheftrainer von einem "Befehl von oben" gesprochen hätte, um sie "loszuwerden". Zu dieser Zeit war die politische Lage in ihrer Heimat unter dem belarussischen Diktator Aljaksandr Lukaschenko (68) extrem angespannt.

Tokio erlebte einen realen Thriller

Freiwillige und Mitglieder der japanischen Polizei konnten die Entführung gerade noch rechtzeitig abwenden. Anschließend bewachten mehrere Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sie.

Das IOC eröffnete zudem ein Verfahren gegen den belarussischen Verband. Tsimanouskayas Trainerteam wurde aus dem Olympischen Dorf ausgewiesen.

Sowohl die polnische als auch die tschechische und slowenische Regierung boten der 26-jährigen Geflüchteten politisches Asyl an. Sie entschied sich für Polen, den direkten Nachbarn ihrer Heimat.

Nach vier turbulenten Tagen am Flughafen stieg sie schließlich in ein Flugzeug. Doch das Ziel wurde spontan geändert. Statt in die polnische Hauptstadt Warschau flog sie aufgrund von Sicherheitsbedenken zuerst nach Wien in Österreich und danach nach Warschau.

Tsimanouskaya: "Sicherheitsdienst passte auf mich auf, selbst beim Gassigehen mit meinem Hund"

In ihrem polnischen Exil trainierte die Athletin weiterhin mit ihrem Mann und erhielt ein Jahr später die polnische Staatsbürgerschaft.

Für internationale Wettkämpfe war sie jedoch nicht zugelassen. World Athletics, der internationale Leichtathletikverband, erlaubte keinen raschen Wechsel zum polnischen Verband. In ihrem einstigen belarussischen Verband war sie zum Persona non grata erklärt worden.

"Ich fürchtete, dass sie aus Weißrussland kommen könnten, um mir zu schaden. Selbst beim Gassigehen mit meinem Hund wurde ich vom Sicherheitsdienst beschattet", berichtete Tsimanouskaya gegenüber der Wyborcza.

Auch die Kontaktaufnahme zu ihrer in Weißrussland lebenden Familie wird massiv behindert.

Nun hat die befreiende Nachricht die Athletin erreicht. Fast genau ein Jahr nach dem Erhalt der polnischen Staatsbürgerschaft hat World Athletics, der internationale Leichtathletikverband, Krystsina Tsimanouskaya die Zulassung für internationalen Wettkämpfe unter der polnischen Flagge erteilt und sie vertritt Polen nun bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Budapest.