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Weinvergnügen wichtiger als Training: Ex-Mehrkämpfer äußert harte Kritik am Verband

Frankfurt am Main - Nur wenige Tage nach dem minder erfolgreichen deutschen Auftritt bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Budapest mehren sich Expertenstimmen, die die Prozesse und Strukturen des DLV in Frage stellen.

Als "Desaster" hat Rico Freimuth, einstiger Zehnkämpfer (35), die erfolglose WM-Ausbeute des Deutschen Leichtathletik-Verbandes betitelt - und dabei die Verantwortlichen im DLV scharf kritisiert.

"Das schmerzt einen Leichtathletik-Enthusiasten zutiefst", äußerte der 35-jährige Vizeweltmeister von 2017 im Interview mit dem TV-Sender Eurosport (Dienstag). "Selbstverständlich haben einige Sportler ausgezeichnet performt. Aber die Sportschau am Abend erreicht man nur mit einer Medaille - so sind die Tatsachen."

Gleichzeitig mahnte er Fehlleistungen und fehlende Fokussierung auf das Wesentliche der DLV-Verantwortlichen an. "Wir haben nun eine merkwürdige Kultur, die sich im DLV über die Jahre etabliert hat", führte Freimuth aus.

"Teilweise richtet sich die Auswahl der Trainingslager nach der Präsenz von Weingütern - damit Trainer und Funktionäre abends Rotwein verkosten können." Dies habe vielen Sportlern schon damals missfallen.

Rico Freimuth sieht düstere Aussichten für deutsche Leichtathleten

Folglich müsse sich im Trainerleben eine gänzlich andere Kultur entwickeln. "Die Trainer müssen sich intensiver und seriöser auf die Sportler fokussieren und die Athleten brauchen mehr finanzielle Unterstützung, um das Training ernsthafter anzugehen", erklärte Freimuth.

"Der Sport muss absolut im Zentrum stehen und nicht irgendein anderer Unsinn."

Während eines vierwöchigen Trainingslagers sollte nichts anderes als Training im Mittelpunkt stehen, wenn man eine Position an der Weltspitze anstreben wolle: "Das ist nicht machbar, wenn man nur halb engagiert und mit 80 Prozent Einsatz bei der Sache ist."

Freimuth hält die Annonce des DLV, bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles zu den fünf besten Leichtathletik-Nationen gehören zu wollen, nach der WM für "etwas grotesk und nicht ernst zu nehmen".

Er kann nicht erahnen, was geschehen müsste, "damit wir in fünf Jahren unter den Top-Fünf-Nationen eingeordnet werden".