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Motor-Doping: Radprofis setzen nicht nur Ullrich und Armstrong ein

In Passy (Frankreich) geht es beim Einzelzeitfahren der Tour de France am Dienstag um Sekunden! Die Teams setzen alle verfügbaren Mittel ein, darunter auch solche, von denen schon Lance Armstrong (51) und Jan Ullrich (49) profitiert haben.

Die Teams maximieren das Gewicht der Räder bis zur zulässigen Grenze und testen die Sitzposition im Windkanal auf optimale Aerodynamik.

Abseits des Fahrrads nutzen die Teams jedoch auch andere Möglichkeiten, um die Fahrer schneller zu machen – aber anders, als man denkt!

Vermutlich ist euch schon aufgefallen, dass bei Einzelzeitfahren, bei denen die Profis flach auf dem Rad liegen und das Hinterrad eine Scheibe ist, das Teamauto direkt hinter den Fahrern fährt.

Das war auch bei Lennard Kämna (26, BORA-hansgrohe), dem Gewinner der deutschen Meisterschaft im Einzelzeitfahren 2022, der Fall.

Das Auto fährt natürlich in erster Linie mit, um im Falle einer Panne schnell das Rad wechseln zu können – der Wechsel muss innerhalb kürzester Zeit erfolgen.

Ein besonderes Beispiel dafür war Filippo Ganna (26, INEOS Grenadiers/Italien) während des Giro d'Italia 2021, das auf TikTok geteilt wurde.

Boxenstopp im Radsport: Jede Sekunde ist entscheidend

Die sportlichen Leiter sitzen außerdem im Auto, damit sie den Streckenverlauf auf ihren iPads verfolgen und den Fahrer per Funk vor möglichen Gefahren warnen können, wie beispielsweise sehr enge Kurven.

Es gibt jedoch einen weiteren Vorteil, wenn die Autos hinter den Radprofis fahren: Die Fahrer sind schneller unterwegs.

Ähnlich einem Delphin, der auf der Bugwelle eines Schiffes surft

Ähnlich wie Schiffe beim Fahren im Meer eine Bugwelle erzeugen, auf der Delphine gleiten, erzeugen auch Autos eine Art "Luftwelle". Diese "Luftwelle" soll den Fahrer unterstützen.

Das ist keine bloße Theorie, sondern wissenschaftlich nachgewiesen.

Der niederländische Forscher Bert Blocken (49) konnte 2015 in einer Studie belegen, dass Radprofis bei einem 50 Kilometer Einzelzeitfahren bis zu einer Minute schneller sind, wenn ein Auto dicht hinter ihnen fährt.

Laut dem Weltradsportverband (UCI) müssen die Teamfahrzeuge einen Mindestabstand von zehn Metern einhalten. Bei Einhaltung dieses Abstands beträgt der Vorteil nur 3,9 Sekunden auf 50 Kilometer. Die Fahrzeuge halten sich jedoch nicht immer daran. Wenn der Abstand auf fünf Meter halbiert wird, steigt der Zeitvorteil schlagartig auf 24,1 Sekunden an – sechsmal höher.

Zur Einordnung: Derzeit beträgt der Vorsprung des führenden Fahrers der Tour de France, Jonas Vingegaard (26, Jumbo-Visma/Dänemark), nur zehn Sekunden gegenüber dem Zweitplatzierten Tadej Pogačar (24, UAE Team Emirates/Slowenien).

Die Forscher haben jedoch etwas übersehen

Die Forscher haben jedoch nicht nur bei den Autos Halt gemacht. Euch ist sicher aufgefallen, dass die Teamautos oft mehr als ein Ersatzrad auf dem Dach transportieren. Wozu benötigt ein Radprofi mehr als ein Ersatzrad?

In einigen Fällen konnten sogar zehn Fahrräder auf dem Dach gezählt werden.

Die Teams gehen davon aus, dass ein größeres Auto, das durch zusätzliche Räder vergrößert wird, eine größere "Luftwelle" erzeugt. Schließlich ist bei einem größeren Schiff auch die Bugwelle größer und Delphine haben mehr Spaß.

Aber stimmt das wirklich? Die Forscher haben die Räder auf dem Dach in ihrer Studie von 2015 ignoriert und haben die Studie daher wiederholt.

Mit zehn Rädern auf dem Dach sind Radprofis am schnellsten

Und tatsächlich, je mehr Räder auf dem Dach montiert sind, desto größer sind die Vorteile für den vorangehenden Radprofi.

Die Forscher haben speziell für das 22,4 Kilometer lange Einzelzeitfahren der Tour de France am Dienstag die jeweiligen Zeitvorteile berechnet.

Wenn der Mindestabstand von zehn Metern eingehalten wird, ist der Fahrer eine Sekunde schneller, wenn zehn Fahrräder auf dem Dach montiert sind.

Mit fünf Metern Abstand sind es sogar 2,3 Sekunden. Bei einem Meter Abstand, der extrem gefährlich ist, aber manchmal tatsächlich vorkommt, sind die Fahrer 18 bis 23 Sekunden schneller auf 22,4 Kilometer!

UCI reagiert auf die Studie

Die Entscheidungen in der Tour de France werden jedoch nicht dadurch beeinflusst. Die Top-Favoriten für den Sieg erhalten meist ein eigenes Kamera-Motorrad, das hinter den Profis fährt.

Der Fahrer des Motorrads erhält klare Anweisungen, den vorgeschriebenen Abstand einzuhalten, und das Teamfahrzeug von Pogacar und Co. folgt erst dahinter.

Die UCI hat außerdem zu Beginn dieses Jahres auf die Studie reagiert und den Mindestabstand auf 25 Meter erhöht. Ob dieser eingehalten wird, ist jedoch eine andere Frage.

Am Dienstag werden wir auf jeden Fall sehen, wie die Autos voll mit Fahrrädern direkt hinter dem Kamera-Motorrad fahren. Es wird alles ausgeschöpft!