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Robert Harting kritisiert die deutsche Leichtathletik scharf vor den Sommerspielen in Paris

In einer kompromisslosen Analyse hat der ehemalige Diskuswerfer und Olympiasieger Robert Harting (39) die deutsche Leichtathletik kurz vor den bevorstehenden Pariser Sommerspielen in Stücke gerissen. Er fordert eine Rückbesinnung auf Leistung als zentrales Prinzip. "Leistung wird heutzutage beinahe als etwas angesehen, für das man sich schämen müsse, besonders wenn man offen auf der Straße davon spricht. Wer bekennt sich denn heute noch dazu, der Beste werden zu wollen?", so Harting in einer Kolumne für die Sports Illustrated. Der gebürtige Cottbuser sieht hierin ein Kernproblem für das enttäuschende Abschneiden deutscher Athleten in jüngerer Zeit, darunter die magere Ausbeute von nur drei Medaillen bei den letzten Olympischen Spielen 2021 in Tokio und ein katastrophales Scheitern bei der WM 2023 in Budapest. Harting äußert große Zweifel daran, dass sich dieser Trend in Frankreich ändern wird, mit einem Tiefpunkt, den er erst für das Jahr 2028 erwartet. "Es könnte noch vier Jahre dauern, bis tiefgreifende Makroveränderungen von allen Akzeptiert werden", erklärt der Londoner Goldmedaillengewinner.

Harting kritisiert insbesondere die Strukturen in der deutschen Leichtathletik, die schon bei der Nachwuchsförderung gravierende Defizite zeigen würden. Zu oft orientiere man sich dabei an Ideologien und mache Konzessionen an Schwächen.

Robert Harting spricht sich für Leistungsbeurteilungen bei den Bundesjugendspielen aus

Er betont, dass die Orientierung am Schwachen zwar moralisch lobenswert sei, aber gleichzeitig müsse man auch die Besten fördern. "Wenn wir die Leistungsbeurteilungen bei den Bundesjugendspielen abschaffen, ist das ein Schritt in die falsche Richtung", kritisiert Harting. Der frühere Spitzensportler plädiert dafür, das Prinzip der Leistung bereits im Jugendbereich zu stärken. Dabei sei harte Arbeit oft wichtiger als bloßes Talent, wofür es entsprechende Anreize geben müsse. Als Vorzeigebeispiel nennt Harting die USA, wo Wirtschaftsunternehmen in den Sport investieren und eine produktive Sportökonomie fördern. Im Vergleich dazu sei die Entlohnung für sportliche Erfolge hierzulande unzureichend: Eine Goldmedaille bei Olympia ist mit 20.000 Euro dotiert, während ein Sieg bei der Europameisterschaft mit 400.000 Euro belohnt wird. "Wo finanzielle Mittel vorhanden sind, steigen auch die Belohnungen für die Athleten deutlich", so Harting, der selbst dreifacher Sportler des Jahres in Deutschland ist.

Harting bietet seine Unterstützung an, um an den nötigen Veränderungen in der deutschen Leichtathletik mitzuwirken, denn "auch im Sport ist es Zeit für eine Zeitenwende", so der dreifache Weltmeister.