Deadline-Day-Fiasko in Bayern: Meister zählt zu den Verlieren
München - Das Transferfenster hat zugeklappt! Der Spielerstamm des FC Bayern München für die vor uns liegenden Wochen und Monate ist festgelegt - zumindest bis zu etwaigen (kostenintensiven) Wintertransfers, da diese dringend vonnöten sein werden.
Die Verpflichtung des Stürmerstars Harry Kane (30) war ohne Frage ein starkes Signal, und auch der Transfer von Min-jae Kim (26) lässt sich insgesamt als positiv bewerten. Zudem konnten Konrad Laimer (26) und Raphael Guerreiro (29) gebührenfrei an die Säbener Straße gelockt werden. So weit, so gut ...
Bei einer genauen Untersuchung eines ausschlaggebenden Teils der Marktaktivitäten wird es jedoch sehr, sehr kompliziert. Aber der Reihe nach.
Den verletzungsanfälligen Lucas Hernández (27, wechselt zu Paris Saint-Germain) abzugeben, war genauso eine nachvollziehbare Entscheidung wie der Verkauf des Unruhestifters Sadio Mané (31) an Al-Nassr.
Bezüglich Yann Sommer (34, Inter Mailand) gab es eine entsprechende Vereinbarung bezüglich seiner Rolle und eines möglichen Abgangs, auch über Alexander Nübel (26, VfB Stuttgart) wurde ausreichend berichtet. Der Torwart ist zwar lediglich verliehen, hat aber in München nach diesem Zeitpunkt keinerlei Zukunftsperspektive mehr. Das Verhältnis ist zerrüttet.
Junge Talente wie Malik Tillman (21, PSV Eindhoven), Gabriel Vidovic (19, Dinamo Zagreb), Paul Wanner (17, SV Elversberg) oder Arijon Ibrahimović (17, Frosinone) zu verleihen, um den Nachwuchstalenten die Chance zu bieten, durch Spielpraxis ihre sportliche Entwicklung enorm zu fördern, macht Sinn. Bei Josip Stanisic (23, Bayer 04 Leverkusen) jedoch ging diese Strategie völlig unnötig nach hinten los, wie das entstandene Defizit in der rechten Verteidigung zeigt.
FC Bayern München-Kader ruft Fragen auf - an mehreren Punkten
Neben Stanisic kam man auch Benjamin Pavards (27) Wunsch nach - der französische Nationalspieler wechselte erlaubterweise zu Inter Mailand - und die Chefetage konnte im Austausch dafür keinen Ersatzspieler rekrutieren, was einen beim Blick auf den Kader nur den Kopf schütteln lässt.
Trainer Thomas Tuchel (50) stehen lediglich Noussair Mazraoui (25) und Bouna Sarr (31, tatsächlich noch immer ein FC Bayern-Akteur) zur Verfügung. Ersterer wird aller Voraussicht nach dem Rekordmeister während des Afrika Cups, der vom 13. Januar bis zum 11. Februar des kommenden Jahres stattfindet, für einige Wochen fehlen.
Auch die Innenverteidigung mit Dayot Upamecano (24), Matthijs de Ligt (24) und Kim lässt dem Trainer wahrscheinlich keine ruhigen Nächte. Verletzt sich ein Spieler des Trios, beginnt das große Bangen. Denn: Es gibt auf den Außenpositionen keinen Spieler, der ins Zentrum wechseln könnte - so wie Pavard oder ein geeigneter Ersatz das hätten tun können.
Und um dem Ganzen die Spitze aufzusetzen, befindet sich die nächste Problemzone nur wenige Meter davor.
Das defensive und zentrale Mittelfeld sind mit Joshua Kimmich (28), Leon Goretzka (28) und Konrad Laimer (26) für die internationalen Anforderungen und die bevorstehenden Belastungen durch mehreren Wettbewerben deutlich unterbesetzt.
Tuchel wollte einen unerbittlichen Abräumer für das Mittelfeld, eine "Holding Six". Aber daraus wurde nichts. Stattdessen wurde Marcel Sabitzer (29, Borussia Dortmund) abgegeben und kurz vor dem Ende des englischen Transferfensters auch Ryan Gravenberch (21, FC Liverpool) abgegeben. Tuchel ist bei Bayern sicherlich wie in einem schlechten Film.
FC Bayern München: Offensive Stärke kann Mängel im Kader nicht ausgleichen
Tuchels hervorragende offensivstärke mit Spielern wie Kingsley Coman (27), Leroy Sané (27), Serge Gnabry (28), Thomas Müller (33), Jamal Musiala (20) und Kane bietet wenig Trost. Es gibt auch noch Mathys Tel (18) und Eric Maxim Choupo-Moting (34).
Dem Kader mangelt es an mehreren Stellen an der erforderlichen Ausgewogenheit, Tiefe und zudem auch Qualität, um die wie gewohnt hohen Ziele zu erreichen - realistisch betrachtet, könnte es sogar der schwächste seit sehr langer Zeit sein!
Dass trotz der 100 Millionen Euro für Kane und der 50 Millionen Euro für Kim am Ende ein Transferüberschuss von mehr als 18 Millionen Euro erwirtschaftet wurde, kann diesen Zustand nicht verbessern.
Die Finanzperspektive - beispielsweise Gravenberch für satte 40 Millionen Euro an den FC Liverpool zu verkaufen - und die sportliche passen einfach nicht zusammen.
Insbesondere, weil für die Münchner ein Wintertransferfenster bevorsteht, das wie immer stark überbewertet wird, um die Fehler noch während der Saison zu korrigieren.
Bevor jedoch überhaupt die Möglichkeit besteht, stehen viele englische Wochen auf dem Programm, die bis zur Winterpause aufgrund der verschiedenen Wettbewerbe anfallen, sowie weitere Länderspiele und die damit verbundenen kräftezehrenden Reisen.
Der gestrige "Deadline Day", aus dem der FC Bayern eindeutig als einer der größten Last-Minute-Verlierer hervorgeht, wird sicher noch einige Zeit sowohl intern als auch extern nachwirken ...