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Deutschlands Frauenfußball-Nationalmannschaft: Zu erwartendes WM-Aus

Australien/Neuseeland - Das Desaster von Brisbane ist offiziell, nun hat die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft ihr eigenes Südkorea-Dilemma. Das erste vorzeitige WM-Aus der DFB-Frauen in der Geschichte einer Fußball-Weltmeisterschaft kam allerdings nicht unerwartet, meint Florian Mentele, Sportredakteur bei TAG24.

Die Nationalspielerinnen mit dem Adler auf dem Trikot schafften es im ersten Gruppenspiel mühelos, die marokkanische Abwehr zu durchdringen - allerdings blieb dies ein bemerkenswerter Ausreißer nach oben.

Das späte 1:2 gegen Kolumbien und das enttäuschende 1:1-Unentschieden gegen Südkorea erinnerten wieder an die schwachen Leistungen in den Spielen vor dem Turnier gegen Sambia (2:3) und Vietnam (2:1).

Nach diesem historischen Tiefpunkt müssen die DFB-Frauen ihre Koffer packen. Alexandra Popp (32), Jule Brandt (20) und Lena Oberdorf (21) zeigten sich nach dem entscheidenden Spiel vor dem ARD-Mikrofon wortkarg und enttäuscht.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (55) übernahm jedoch sofort die Verantwortung - und das musste sie auch. Die Strategien, die sie ihrer Mannschaft mitgegeben hatte, waren zu eindimensional.

Ein langer Ball auf Stürmerin Popp - ob von den Flügeln, aus dem Halbfeld oder aus der eigenen Hälfte - und schon war das Repertoire erschöpft.

Deutschland fehlten die geeigneten Strategien

Zwar führte diese Strategie vier Mal zum Erfolg für "Poppi", aber besonders gegen defensiv ausgerichtete Gegnerinnen ist sie auf lange Sicht zu berechenbar.

Ein Plan B fehlte hingegen komplett. Brandt, Klara Bühl (22) oder Sara Däbritz (28) rannten immer wieder kopflos in der Mitte fest. Hinzu kam eine oft mangelhafte Entscheidungsfindung, besonders im letzten Drittel des Spiels.

Bei schnellen Umschaltphasen suchten die deutschen Fußballerinnen konsequent die Nähe zur gegnerischen Abwehr, während flächendeckende Verlagerungen und die dafür notwendigen Laufwege meist vernachlässigt wurden. Zudem gab es in der eigenen Defensive oft grobe Fehler bei der Abstimmung.

Diese Aspekte können trainiert werden und Martina Voss-Tecklenburg ("MVT") muss sich das zu Herzen nehmen. Schon bei der Europameisterschaft im letzten Jahr sah die taktische Ausrichtung ähnlich aus. Damals konnte das Team aber besser auf Hindernisse und Unwägbarkeiten reagieren und eigene Überraschungsmomente schaffen.

Bei der sichtbaren Rückschrittentwicklung müssen die großen Verletzungssorgen und eine dadurch eher holprige Vorbereitung auf das Mega-Event erwähnt werden, sowie die Weiterentwicklung des Frauenfußballs.

Die DFB-Frauen müssen nach dem WM-Aus ihren Ansatz überdenken

Noch vor wenigen Jahren hätte die individuelle Klasse der deutschen Damen auch in einer fehlerhaften Spielstruktur meist zum Weiterkommen in der Gruppe gereicht, aber die Lücke zwischen den Nationen wird immer kleiner.

Diese Erfahrung musste auch Brasilien machen, während Underdogs wie Jamaika, Japan oder Kolumbien ihre Chancen nutzen. Es erfordert nun einen besseren, auf das Spielermaterial abgestimmten Plan, um die individuellen Stärken der Spielerinnen herauszubringen.

Das Problem ist auch den deutschen Männern bekannt, und Hansi Flick (58) scheint nun bereits seit rund zwei Jahren auf der Suche nach dem richtigen Spielkonzept zu sein.

Nach dem Schlusspfiff gegen Südkorea entbrannte sofort die altbekannte Debatte über "StraßenfußballerInnen", aber auch diese sind auf Vereinsebene in Wolfsburg, Barcelona, Lyon oder im Herrenbereich bei Manchester City, Bayern und Real nur eingeschränkt vorhanden.

Der beeindruckende Aufstieg der Trainerinnen in den Frauen-Nationalmannschaften, die einen dramatisch veränderten Lebenslauf im Vergleich zu vor zehn Jahren präsentieren, hat eine spielerische Weiterentwicklung notwendig gemacht.

Ob diese Weiterentwicklung unter Bundestrainerin Voss-Tecklenburg gelingen kann, muss nach dem historischen Ausscheiden zumindest hinterfragt werden.