Bei Olympia läuft vieles anders: Ehemaliger Bundestrainer trauert einer Skisprung-Tradition nach
Predazzo (Italien) – In knapp elf Wochen treten die besten Skispringer der Welt in Italien gegeneinander an, um olympisches Gold zu gewinnen. Dabei stehen jedoch tiefgreifende Veränderungen an, mit denen der frühere Bundestrainer Werner Schuster (56) wenig anfangen kann.
Um die Teilnahme von mehr Frauen bei den olympischen Skisprung-Wettkämpfen zu ermöglichen, wurden die Startplätze für Männer reduziert.
Das bringt erhebliche Konsequenzen mit sich: So wurde beispielsweise die Qualifikation für die Wettkämpfe komplett gestrichen, da ohnehin alle 50 Teilnehmer bereits feststehen.
„Die Abschaffung der Qualifikation ergab sich quasi automatisch und fiel der neuen Quotenregelung zum Opfer“, erklärte Schuster im Interview mit Eurosport. Er selbst steht dieser Neuerung „nicht besonders positiv“ gegenüber.
„Als Trainer trug ich in Deutschland die Verantwortung für eine starke Skisprung-Nation, auch als Österreicher komme ich aus einem solchen Umfeld. Dort gibt es viele ausgezeichnete Springer, aber nun ist es nicht mehr möglich, einen Ersatzmann mitzunehmen. Außerdem gibt es Spitzenländer wie Slowenien, die nicht einmal vier Startplätze erhalten“, kritisierte der 59-Jährige, der von 2008 bis 2019 bei den DSV-Adlern tätig war.
Zwar erkennt der Österreicher die Notwendigkeit, bei Olympia eine größere Vielfalt verschiedener Nationen zuzulassen, doch hätte er eine andere Lösung vorgezogen.
„Ich möchte nicht verschweigen, dass ich es nicht ideal finde, die Quoten zu reduzieren, um die Damen mit einzubeziehen“, so der heutige Nachwuchstrainer. Vielmehr hätte er es bevorzugt, das Damen-Skispringen als eigenständige Disziplin zu führen, anstatt bei den Herren Plätze zu streichen.
Darüber hinaus wurde der Teamwettbewerb abgeschafft, da aufgrund der neuen Quoten nur noch wenige Länder überhaupt vier Athleten in Predazzo stellen können. Stattdessen ersetzt nun ein Super-Team-Format mit jeweils zwei Springern pro Nation den bisherigen Wettbewerb.
Schuster gab offen zu, dass er der traditionellen Variante „nachtrauert“.
„Wenn man die Topnationen befragt, waren es immer unglaublich spannende Wettkämpfe mit viel Emotion – genau das ist der Kern des Teamwettbewerbs. Mit der Zweier-Variante habe ich mich daher noch nicht wirklich angefreundet, sie scheint eher eine notwendige Kompromisslösung zu sein“, erläuterte der 59-Jährige und verwies darauf, dass immer weniger Länder vier starke Athleten für das Teamspringen aufbieten konnten.
Dennoch vermisst der Österreicher das klassische Format: „Meiner Meinung nach ist es nicht mehr der traditionelle Mannschaftswettbewerb.“