Kein versuchter Mord: Lok-Hooligan entgeht knapp dem Gefängnis
Leipzig – Zum ersten Mal versuchte eine Staatsanwaltschaft in Sachsen, einen gewalttätigen Hooligan wegen versuchten Mordes anzuklagen. Am Montag scheiterte dieses Vorhaben jedoch mangels Beweisen. Stattdessen wurde der 20-jährige Louis W., der zu den Anhängern von Lok Leipzig zählt, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Der Angriff war geplant und äußerst brutal: In der Nacht vor dem Sachsenpokal-Derby zwischen Chemie und Lok Leipzig am 23. März machten sich etwa 30 Lok-Hooligans auf den Weg zum Hauptgegner nach Leutzsch.
An einer Tankstelle, die als Treffpunkt der Chemie-Fans bekannt ist, stiegen rund ein Dutzend größtenteils maskierter Gewalttäter aus den Fahrzeugen. Sie griffen dort acht Personen an, die sie für Anhänger der BSG Chemie hielten, und gingen mit Schlägen und Tritten auf sie los.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war einer der Angreifer besonders brutal: Louis W., Auszubildender im Straßenbau aus dem Muldental, soll einem 18-Jährigen laut Anklage insgesamt 19 Mal gegen den Kopf getreten haben, während dieser regungslos am Boden lag.
Bis zuletzt ging die Staatsanwaltschaft von einer Tötungsabsicht aus und forderte eine Jugendhaftstrafe von viereinhalb Jahren.
Die Jugendstrafkammer unter dem Vorsitz von Bernd Gicklhorn konnte sich jedoch nach sechs Verhandlungstagen dieser Einschätzung nicht anschließen.
Einerseits hatte Louis W. die Tat zwar über seinen Verteidiger eingeräumt und Reue gezeigt, die Anzahl der Tritte sowie die Absicht zu töten aber bestritten. Andererseits waren auf den stundenlang ausgewerteten Aufnahmen der Tankstellen-Überwachungskamera keine 19 Tritte gegen den Kopf zu erkennen.
Nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten) kamen die Richter daher zu dem Schluss, dass weder die genaue Anzahl der Tritte noch die Tötungsabsicht zweifelsfrei bewiesen seien. Ein Gerichtssprecher teilte mit, dass die Kammer den Hooligan deshalb nach Jugendstrafrecht wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilte.
Darüber hinaus muss er an einem Anti-Gewalt-Programm teilnehmen und 250 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.