Neue Ära an der Spitze des IOC: Kirsty Coventry folgt auf Thomas Bach
Von Christian Hollmann
Pylos (Griechenland) – Die ehemalige Spitzenschwimmerin Kirsty Coventry aus Simbabwe, 41 Jahre alt, übernimmt als erste Frau das Amt der Präsidentin des Internationalen Olympischen Komitees. Auf der 144. IOC-Vollversammlung in einem griechischen Ferienresort wurde sie als Nachfolgerin des Deutschen Thomas Bach gewählt.
Damit ist Coventry zugleich das erste IOC-Mitglied aus Afrika, das die olympische Dachorganisation in ihrer 136-jährigen Geschichte führt.
Da Bach (71) nach zwei Amtszeiten und zwölf Jahren gemäß den Bestimmungen der olympischen Charta nicht erneut kandidieren konnte, setzte sich Coventry gegen sechs männliche Konkurrenten durch.
Vor der Wahl galten unter anderem der britische Chef des Leichtathletik-Weltverbands, Sebastian Coe (68), und der Spanier Juan Antonio Samaranch jr. (65) – Sohn eines ehemaligen IOC-Präsidenten – als Mitfavoriten. Überraschenderweise stand Coventry bereits nach dem ersten Wahlgang fest als neue Präsidentin fest.
Im abschließenden, geheimen Wahlgang erhielt Coventry die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen. Zuvor war sie als Bachs Wunschkandidatin gehandelt worden, weshalb man davon ausgeht, dass sie die sportpolitische Linie ihres Vorgängers weitgehend fortführen wird.
"Wir sind unterschiedliche Menschen mit variierenden Herangehensweisen", bemerkte Coventry vor ihrer Wahl.
Die zweifache Mutter kündigte an, mehr Transparenz zu schaffen und die IOC-Mitglieder stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen als dies während Bachs Amtszeit der Fall war. "Frauen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ich betrachte dies als Chance, Barrieren abzubauen", erklärte Coventry im Vorfeld ihrer Kandidatur.
Während ihrer aktiven Sportkarriere gewann sie als Schwimmerin zwei Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und nahm zwischen Sydney 2000 und Rio 2016 an insgesamt fünf Sommerspielen teil. 2013 gelang ihr der Einzug ins IOC als Athletenvertretende, 2018 folgte die Ernennung in das Exekutivkomitee, in dem unter Bach zentrale Entscheidungen getroffen wurden.
In ihrer Funktion als Sportministerin von Simbabwe war Coventry gelegentlich umstritten. In einem Gerichtsverfahren konnte sie sich unter anderem gegen Vorwürfe verteidigen, dass sie ein von dem ehemaligen Diktator Robert Mugabe beschlagnahmtes Anwesen als Geschenk angenommen haben soll.
Coventry wird das Amt der IOC-Präsidentin offiziell erst am 24. Juni antreten, bis dahin bleibt Bach im Amt. Dieser äußerte, dass ihn die kurze Eingewöhnungsphase bei seinem Amtsantritt 2013 gestört habe. Die lange Übergangszeit sei "nichts, was wir erfunden haben", und man könne sie auch in politischen Systemen und großen Unternehmen beobachten.