Mit Prügel und Einschüchterungen zum Erfolg? Olympiasieger berichtet vor Gericht über seinen eigenen Vater
Sandnes (Norwegen) – Vor gar nicht allzu langer Zeit errang er noch zwei Goldmedaillen bei der Hallenweltmeisterschaft, und nun tritt er als Zeuge gegen seinen eigenen Vater auf! Der Leichtathletik-Topper Jakob Ingebrigtsen (24) sowie seine Geschwister machen ihrem Vater und ehemaligen Trainer Gjert Ingebrigtsen (59) schwere Misshandlungen vor.
Seit Jahren erheben die Ingebrigtsen-Geschwister Jakob, Filip (31) und Henrik (34) schwerwiegende Anschuldigungen gegen ihren Vater, gegen den nun ein Strafverfahren eingeleitet wurde – ihm wird sowohl körperliche als auch seelische Gewalt gegenüber Jakob und seiner 18-jährigen Schwester vorgeworfen.
Im Gerichtssaal schilderte der zweifache Olympiasieger detailliert, welche Taten ihm sein Vater im Zeitraum von 2008 bis 2022 angetan habe.
So wurde ihm bereits in der Grundschule aufgrund eines Sturzes mit seinem Tretroller in den Bauch getreten, und bei einer anderen Gelegenheit schlug Gjert Ingebrigtsen ihm mehrfach wiederholt gegen den Kopf.
Bei den Junioren-Landesmeisterschaften 2016 erteilte sein Vater ihm spät am Abend den Auftrag, ein Hotelzimmer für die Familie zu organisieren. Da er sich gerade ins Bett zurückziehen wollte, lehnte er ab – woraufhin er massiv eingeschüchtert wurde, berichtete Jakob Ingebrigtsen. Er erinnerte: "Wenn ich seinen Anweisungen nicht Folge leistete, würde er mich demütigen und ohnmächtig schlagen. Ich saß in unserem Hotelzimmer und zitterte vor Angst vor dem, was noch folgen könnte."
Seine gesamte Kindheit und Jugend war von der strengen Kontrolle sowie der Manipulation seines Vaters durchdrungen.
Der 24-Jährige beklagte, dass diese Erziehung ihn tiefgreifend Schaden zugefügt hat. Er habe Schwierigkeiten, enge Beziehungen aufzubauen und anderen Menschen zu vertrauen – seine Ehefrau Elisabeth sei die einzige Person, mit der er eine normale Partnerschaft führen könne.
"Heute, als Erwachsener, erhalte ich viel Anerkennung dafür, dass ich sowohl als Mensch als auch als Sportler unter Druck in extrem fordernden Umständen herausragende Leistungen erziele. Doch das verdanke ich vor allem den unzähligen Übungen, denen ich als Kind und Teenager ausgesetzt war, um zu überleben."
Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe arbeitet Ingebrigtsen senior weiterhin als Trainer und coacht gemeinsam mit Narve Gilje Nordås (26) einen ebenfalls sehr erfolgreichen norwegischen Mittelstreckenläufer.
Der WM-Dritte der 2023 über 1500 Meter bekundet zwar sein Vertrauen in die Unschuld seines Trainers, kündigte jedoch gegenüber NRK an, bei einer etwaigen Verurteilung die Zusammenarbeit sofort zu beenden: "Sobald schwarz auf weiß bewiesen ist, dass er in engen Beziehungen gewalttätig agierte, ist die Zusammenarbeit natürlich beendet."
Der Prozess wird voraussichtlich noch bis Mitte Mai andauern. In dieser Phase sollen auch Ingebrigtsens Schwester sowie der angeklagte Vater selbst vor Gericht aussagen. Der 59-Jährige bestreitet nach wie vor alle Vorwürfe.