Wirbel vor Leichtathletik-WM: Gentests sorgen bei deutscher Olympiasiegerin für Empörung
Tokio (Japan) – Ende Juli verkündete der Weltverband für Leichtathletik offiziell, dass weibliche Athletinnen künftig ihr Geschlecht mittels Gentest nachweisen müssen, um an offiziellen Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen. Bei der WM in Tokio (13. bis 21. September) wird diese Regelung erstmals angewendet und ruft heftige Kritik bei einer deutschen Olympiasiegerin hervor.
Das Wesentliche in Kürze
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Wie der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) am Mittwoch mitteilte, sah er sich gezwungen, seine Sportlerinnen zu Gentests aufzufordern, damit diese an den Weltmeisterschaften teilnehmen können – sehr zum Ärger von Weitsprung-Star Malaika Mihambo (31).
„Ich bewerte diese Maßnahme äußerst kritisch. Es ist juristisch fragwürdig, ethisch problematisch und wissenschaftlich zu kurz gedacht, alle weiblichen Athletinnen weltweit innerhalb kürzester Zeit Gentests aufzuerlegen“, erklärte die zweifache Weltmeisterin gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Sie stört dabei nicht nur die Vorstellung, „dass Geschlecht kein simples Schwarz-Weiß“ sei, sondern vor allem auch die Verhältnismäßigkeit dieses Vorgehens.
„Für ein vergleichsweise kleines Problem wird ein enormer Aufwand betrieben, während die wirklich dringenden Themen – Doping, Missbrauch und Gewalt im Sport – weiterhin ungelöst bleiben“, unterstrich die gebürtige Heidelbergerin. Für sie ist klar: „Wenn wir von Integrität sprechen, müssen wir gerade dort mit mindestens ebenso großem Nachdruck handeln.“
Auch den extrem kurzen Zeitraum, in dem World Athletics diese Entscheidung nun durchsetzt, sieht Mihambo als problematisch an.
„Faire Wettkampfbedingungen hängen von vielen Faktoren ab – medizinischen, psychologischen und strukturellen. Wenn man hier unter Zeitdruck agiert, läuft man Gefahr, die eigentlichen Gefahren für die Integrität des Sports aus den Augen zu verlieren“, kritisierte die achtmalige Deutsche Meisterin.
Den Druck, der durch die kurze Vorbereitungszeit entsteht, spürt auch der DLV – schließlich dauert es nur noch wenige Wochen bis zum WM-Start in Tokio.
„Die kurzfristige Einführung stellt sowohl die Athletinnen als auch den Verband vor erhebliche Herausforderungen – moralischer, ethischer und logistischer Natur. Dies haben wir im Dialog mit World Athletics mehrfach deutlich gemacht“, erklärte DLV-Verbandsarzt Karsten Hollander. Man setze alles daran, den Sportlerinnen die Teilnahme an den Weltmeisterschaften zu ermöglichen.
Dennoch könnte es in einigen Fällen eng werden: Die Auswertung der Tests, die mittels Wangenabstrich oder Blutprobe erfolgen und auf das Vorhandensein von Y-Chromosomen prüfen, benötigt etwa zwei Wochen.
Offiziell müssen die Athletinnen den Nachweis des Gentests bereits ab dem 1. September erbringen, praktisch kommt die Regelung aber zum ersten Mal bei der WM zum Einsatz.