Union-Berlin-Blog: Déjà-vu – Auch gegen Espanyol erneut eine 0:1-Niederlage
Berlin – Eisern: Bei TAG24 betreiben drei echte Berliner Fußballfans in Personalunion den Union-Berlin-Blog.
Die Verfasser:
Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der 70er Jahre treuer Union-Fan und arbeitet als Betriebswirt seit über 30 Jahren im Vertrieb. Verheiratet, mit erwachsenem Kind, lebt er heute in Grünheide und ist Gründer dieses Blogs.
Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit mehr als 40 Jahren Unioner. Er arbeitet freiberuflich für Bühne, Funk und Fernsehen und verfasst auch dort Beiträge.
Beecke (Christian Beeck), ehemaliger Bundesliga-Profi (Hansa Rostock, Cottbus) und ehemaliger Union-Manager, absolvierte 21 Länderspiele für DDR-Junioren und stammt aus dem Union-Nachwuchs. Beecke hat zwei Kinder und unterstützt im Blog als Berater.
Unionfux: Der Countdown zum Saisonstart läuft. Heute geht es gegen Espanyol Barcelona, den spanischen Erstligisten, der in der letzten Saison gerade noch den Klassenerhalt schaffte – und der uns trotzdem Alex Kral nicht abkaufen wollte.
Rund 18.000 Zuschauer bei angenehmen Temperaturen in der Alten Försterei genießen das neue Heimtrikot: hübsch, mit einem leichten Retro-Touch, vorn rot-weiß quer gestreift, hinten überwiegend rot. So kann man das machen. Doch was gibt es spielerisch zu sehen? Ein Spiel, das sich schon zum dritten Mal fast eins zu eins wiederholt: Union bemüht sich, kreiert die eine oder andere Chance, am Ende aber steht erneut eine 0:1-Niederlage. Wieder fällt das Gegentor durch einen Strafstoß, nach einem angeblichen Foul von Leo Querfeld rund 30 Minuten vor dem Abpfiff. Für mich war das eine klare Schwalbe. Doch das Gegentor ist im Grunde nicht das Hauptproblem, sondern viel mehr unsere anhaltende Harmlosigkeit im Angriff – das kann einen zur Verzweiflung bringen.
Ja, klar, es ist nur ein Vorbereitungsspiel, aber das heißt nicht, dass man keine Torgefahr entwickeln kann. Wir geben uns stets Mühe, doch was das bedeutet, wissen wir ja. Mal blitzt etwas auf, aber nie reicht es, um daraus einen zählbaren Erfolg zu erzielen. Es fehlt an einem Akteur, der das Spiel entscheidend verändern kann, alle spielen brav und bestenfalls durchschnittlich ihr Pensum runter. Es gibt keinerlei herausragende Leistung – eigentlich sind wir ein angenehmer Gegner für jeden Kontrahenten. Vielleicht sollten wir unter der Woche noch schnell gegen einen Verbandsligisten spielen, damit unsere Stürmer ein besseres Gefühl bekommen? Ansonsten fällt es mir schwer, für die letzten drei Spiele etwas Positives zu finden, außer dass wir keine deutliche Niederlage kassiert haben und hinten einigermaßen sicher stehen.
So dünn, wie wir aktuell auftreten, könnte es in zwei Wochen gegen Gütersloh schon eng werden. Die haben gerade zu Hause gegen Bocholt mit 6:3 gewonnen und führen nach zwei Spieltagen die Tabelle in der Regionalliga West an – die sind in Topform. Letztlich werden wir uns überraschen lassen müssen, vielleicht wird ja alles gut. Allerdings frage ich mich, wie man auf die Idee kommt, im Mittelfeld Khedira, Schäfer und eben Alex Kral (der heute einer der besseren auf dem Platz war) aufzustellen – alles fleißige Spieler, aber kaum offensiv ausgerichtet. Benes, der wohl weg will (und soll), saß die vollen 90 Minuten auf der Bank, dazu kommt noch Jeong, der nach 70 Minuten eingewechselt wurde – das war’s an Kreativität. Die Neuverpflichtungen Ansah und Burke konnten offenbar die Qualität nicht so steigern, dass zumindest der Ausfall von Hollerbach kompensiert wird. Im Vergleich zur letzten Saison sind wir bisher nicht stärker – weder taktisch noch bei Standards. Oder übersehe ich etwas?
Gestern erhielt ich übrigens meine Dauerkarte ganz traditionell per Post. Auf der Rückseite prangt eine „Weltbühne“-Werbung, über die ich mich freute – über den miserablen Kleber, der sich kaum ablösen lässt, weniger. Das machte mich etwas optimistisch für die kommende Saison. Heute überwiegen jedoch wieder die Sorgen. Ich beginne, an einen allmächtigen Atheismo zu appellieren, dass die Verantwortlichen einen genialen Masterplan in der Schublade haben, der in den nächsten drei Wochen Wirkung zeigt – idealerweise mit ein oder zwei echten Unterschiedsspielern. Also: Optimismus bewahren und an Wunder glauben – auch wenn es schwerfällt. Aber auch vorbereitet sein auf alles.
Icke: Am Samstag, den 2. August 2025 um 15:30 Uhr endet die Toleranz für Ausreden. Der erste von zwei großen Härtetests steht bevor. Danach starten die Pflichtspiele – zuerst im DFB-Pokal, dann in der Bundesliga. Espanyol Barcelona ist zu Gast – oder besser: sie sind bereits am Donnerstag in Berlin angekommen. Der spanische Klub, an den wir Kral ausgeliehen haben und der seine Kaufoption trotz Stammspielerstatus nicht zog. Espanyol hat zwar einen großen Namen, besitzt aber momentan keine starke Mannschaft. Ihr Marktwert wird auf 73,5 Millionen Euro geschätzt – zum Vergleich: Wir liegen bei etwa 122 Millionen.
Dennoch gilt Vorsicht. El Hilali ist einer der stärksten Rechtsverteidiger Spaniens und spielt auch für die marokkanische Nationalmannschaft. Kapitän und Linksaußen Javi Puado hatte in der vergangenen Saison 16 Torbeteiligungen und ist der Antreiber des Teams. Der fest verpflichtete Mittelstürmer Roberto Fernandez (10 Torbeteiligungen in 24/25) kann ebenfalls viel Unruhe stiften. Auch Tyrhys Dolan, ehemaliger englischer U20-Nationalspieler, der mit einem Marktwert von 7 Millionen Euro stagniert, möchte bei Barcelona durchstarten. Weitere Schlüsselspieler sind Romero (LV) sowie Lozano und Terrats (beide ZM).
Nominal sind wir dennoch Favorit – nicht zuletzt, weil wir in der Vorbereitung schon etwas weiter sind als die Spanier. Die letzten Niederlagen, in denen wir selbst kein Tor erzielten, sollten der Vergangenheit angehören. Wir wollen endlich Burke über rechts sprinten sehen, Ansah soll über halblinks zaubern und in der Mitte muss Ilic mit Toren beginnen. Und Jeong hat die Chance, alle Kritiker Lügen zu strafen, indem er zwei schöne Tore vorbereitet oder eines selbst erzielt – dann verstummen die Zweifler.
Wir freuen uns auf einen tollen Fußballabend. Tickets sind wohl noch erhältlich, eine Ausverkaufs-Meldung gab es bislang nicht. Im Angriff sind Burke, Ilic und Ansah wohl am stärksten in Form. Im Tor und in der Abwehr sind Rönnow, Doekhi, Querfeld und Leite gesetzt. Die Außenbahnen werden von Trimmel und Juranovic besetzt. Einzig das zentrale Mittelfeld wirft Fragen auf. Für mich haben Khedira und Schäfer derzeit die besten Karten – mal sehen, ob Trainer Baumgart die gleiche Meinung teilt. Eisern.
Unionfux: Die gute Nachricht zuerst: Gegen den Drittligaaufsteiger Schweinfurt 05 erspielen wir uns deutlich mehr Chancen als gegen Fürth. Die schlechte Nachricht: Auch hier verlieren wir 0:1. Zugegeben, durch einen eher fragwürdigen Elfmeter, doch verloren ist verloren.
Natürlich handelt es sich auch hier nur um ein Testspiel. Die Schweinfurter gehen bereits am Sonntag bei Viktoria Köln auf Punktejagd und sind somit weiter im Training. Trotzdem sprechen wir von einem Drittligisten, der erst kürzlich den Aufstieg aus der Regionalliga geschafft hat. Klar, die Schweinfurter können Fußball spielen, aber ein gutes Gefühl vermittelt das keinesfalls.
Ich hoffte, die Mannschaft wolle sich nach dem Fürth-Spiel rehabilitieren, doch das sah nicht danach aus. Die erste Hälfte war ähnlich schwach wie gegen Fürth, einzig Kral hatte eine gute Chance, die er nicht nutzte. Schweinfurt konnte das Spiel offen gestalten, auch wenn wir mehr Ballbesitz hatten. Bei einer Doppelchance nach etwa 60 Minuten mussten unser Keeper Yannic Stein und Christopher Trimmel an der Linie alles geben, um einen Rückstand zu verhindern. Zehn Minuten später kam unsere beste Gelegenheit: Preu übersah den freistehenden Ilic und schoss stattdessen den Torwart an. Zehn Minuten vor Schluss wurde Doekhi ein leichter Kontakt am Schienbein eines Schweinfurters angekreidet – für mich zu wenig für einen Strafstoß, der Schiedsrichter sah das anders. Thomann verwandelte den Elfmeter sicher gegen den eingewechselten Matheo Raab zum einzigen Treffer. Danach gab es noch Chancen für Ilic, Ansah und Doekhi – ohne Erfolg. Die knappe Niederlage war nicht unverdient. Der Schweinfurter Torwart zeigte zwar eine gute Leistung, musste aber keine Wunder vollbringen, denn unser Angriff war erneut zu harmlos.
Was soll man davon halten? Einfach auf müde Beine schieben? Andere Bundesligisten haben das auch und verlieren nicht regelmäßig gegen unterklassige Teams.
Auch wenn es noch keine abschließenden Antworten geben muss, sind Fragen genug offen: Reicht das, um eine entspannte Bundesligasaison zu bestreiten, taktisch wie personell? Bekanntlich wird in Vorbereitungsspielen oft alles über den Haufen geschossen und eine trügerische Sicherheit aufgebaut, die im Ernstfall nicht hält. Eine solche Sicherheit haben wir aktuell nicht. Vielmehr herrscht Ratlosigkeit. Spielfreude ist in den letzten drei Spielen kaum zu erkennen, nicht einmal individuelle Klasse, die aus einer Aktion ein Tor macht. Vielleicht kommt das noch – aber woher plötzlich?
Jetzt gilt es, bei den kommenden Generalproben gegen Espanyol Barcelona und Olympiakos Piräus genau hinzuschauen: Gibt es eine echte Verbesserung, zeichnet sich eine Handschrift des Trainers ab? Wenn nicht, droht uns erneut eine Saison voller mühsamer Kämpfe, mit der Hoffnung, dass andere Teams noch schlechter sind. Eine wirkliche Planung ist momentan nicht erkennbar – oder sie wird geschickt verborgen. Hinzu kommen offene Transferangelegenheiten bei Leite und Doekhi, deren Abgänge noch nicht geklärt sind, dazu muss adäquater Ersatz gefunden und integriert werden. Die Probleme bei den Himmelblauen erscheinen ungelöst – die Zeit wird knapp.
Eines steht fest: Die Viererkette, einst Baumgarts erklärtes Heiligtum, ist offiziell vom Tisch – zumindest vorerst. Zudem bekommen wir zwei neue Trikotsätze, einer davon in den garantiert richtigen Farben. Immerhin. Der Rest bleibt vorerst in der Schwebe, wir bleiben gezwungenermaßen im Hoffnungsmodus – darin sind wir zum Glück geübt.
Icke: Heute am Dienstagnachmittag steht der letzte Test gegen einen vermeintlich kleinen Gegner – Schweinfurt – an, bevor am 2. und 9. August die Spiele gegen Espanyol Barcelona und Olympiakos Piräus folgen. Der Pflichtspiel-Start erfolgt am 15. August mit einem Pokalspiel beim FC Gütersloh, gefolgt vom Bundesliga-Auftakt am 23. August zu Hause gegen Stuttgart. Nun geht es Schlag auf Schlag.
Ist die Mannschaft bereits startklar? Zweifel sind angebracht. Das letzte Testspiel ging gegen einen unterklassigen Gegner (Fürth) verloren. Der Kader ist mit 29 Spielern zu groß. Viele Spieler haben kaum Chancen auf Einsätze in Pflichtspielen, besonders im Mittelfeld und Tor ist die Besetzung üppig. Im Tor (Rönnow), in der Abwehr (Doekhi, Querfeld, Leite), auf den Flügeln (Trimmel, Juranovic), sowie auf den Positionen „9“ (Ilic) und „6“ (Khedira) scheinen acht Spieler gesetzt. Auf den zwei anderen offensiven Positionen konkurrieren Burke, Ansah und Jeong um Einsatzzeiten. Benes, der wohl wechseln möchte, blieb auf der Bank. Zudem fehlt der Einsatz von Kemlein aufgrund einer Verletzung. Es ist klar, dass zwei bis drei Spieler zu viel im Kader sind. Besonders bemerkenswert ist auch, dass der erst 16-jährige Sliskovic aus der eigenen A-Jugend auf der Sechs überzeugen konnte.
Im Angriff konnten Ljubicic und Preu bisher nicht überzeugen. Es wäre sinnvoll, Preu noch einmal zu verleihen und einen Abnehmer für Ljubicic zu finden. Hinter Ilic, Ansah, Jeong und Burke stehen mit Skarke und Burcu (bald wieder einsatzfähig) weitere Optionen bereit. Auch der 17-jährige Ali aus der A-Jugend hat mit seinen schnellen Dribblings überzeugt. Insgesamt haben wir sieben Profis plus ein vielversprechendes Talent für die Offensive.
Zur Qualität des Kaders: Torwart- und Abwehrpositionen sind in der Stammelf sehr gut besetzt. Auf den Außenbahnen stehen neben Trimmel und Juranovic weitere Alternativen bereit, darunter Skov, Rothe, Nsoki, Preu (sofern er bleibt) sowie 19-jähriger Neuzugang Markgraf, der in den Testspielen stark spielte. Auch Haberer und Schäfer haben bereits auf den Außenbahnen gespielt. In der A-Jugend wartet zudem Nationalspieler Prosche (18), ebenfalls bevorzugt auf der rechten Außenbahn. Insgesamt sind alle Positionen mehrfach besetzt. Junge Innenverteidiger wie Ogbemudia stehen in den Startlöchern. Nsoki möchte sich um einen Platz in der Abwehr bewerben. Kral wurde in der Vorbereitung mehrfach als Innenverteidiger getestet, ebenso Rothe.
Hinter Keeper Rönnow gibt es einen Konkurrenzkampf zwischen Neuzugang Raab, der die Nummer eins werden möchte, und den Torhütern Stein und Klaus, die sich um die Nummer zwei bemühen. Aus dem Nachwuchs gehört Welsand zum erweiterten U18-Kader Deutschlands, Wisbereit aus der A-Jugend hat bereits zwei U18-Länderspiele absolviert. Wir verfügen über eine ausreichend breite und gute Spielerschar, inklusive Talenten, doch es mangelt im Mittelfeld und Angriff an Führungsspielern. Das zeigte sich zuletzt gegen Fürth: Keiner übernimmt Verantwortung, kreiert keine guten Spielzüge oder Überraschungsmomente. Spieler wie Andrich, Kruse, Becker, Awoniyi oder Aaronson, die früher Spiele entscheiden konnten, sind weit und breit nicht zu sehen.
Union benötigt noch einen Spielmacher und einen zweiten Top-Stürmer. Hoffnungen ruhen auf Ansah, der alle Voraussetzungen mitbringt, aber noch nicht soweit ist. Vielleicht bringen auch Burcu und Ali frischen Wind. Talente haben wir genug, aber das ist ein Risiko. Jeong kann an guten Tagen alles, zeigt aber keine Konstanz. Burke ist auch eine Wundertüte. Ob er seine guten Phasen verlängern kann, bleibt abzuwarten. Ohne weitere Qualitätsneuzugänge geht Union ein großes Risiko ein. Vielleicht wird uns Horst Heldt mit überraschenden Joker-Verpflichtungen noch positiv überraschen. Eisern.