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Union Berlin Blog: Juranovic bleibt, Stuttgart kommt

Berlin – Bei TAG24 gibt es den Union Berlin Blog, verfasst von drei urigen Berliner Fußballfans.

Wer schreibt mit?

Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der 1970er Jahre Union-Fan und arbeitet seit über 30 Jahren im Vertrieb als Betriebswirt. Er ist verheiratet, hat ein erwachsenes Kind und lebt heute in Grünheide. Icke ist Gründer dieses Blogs und schreibt hier regelmäßig.

Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit mehr als 40 Jahren Unioner. Er arbeitet freiberuflich für Bühne, Funk und TV und schreibt dort ebenfalls.

Beecke (Christian Beeck), ehemaliger Bundesliga-Profi (Hansa Rostock, Energie Cottbus), Ex-Union-Manager und DDR-Juniorennationalspieler (21 Einsätze), stammt aus dem eigenen Nachwuchs von Union. Er hat zwei Kinder und steht unserem Blog beratend zur Seite.

Unionfux: Die Zukunft von Doekhi ist ebenso ungewiss wie die von Diogo Leite, doch Josip Juranovic hat seinen Vertrag hier offenbar bis mindestens 2028 verlängert. Das freut mich sehr, denn ich schätze unseren kroatischen Nationalspieler, der in seinem ersten halben Jahr schon einige starke Leistungen zeigte.

Allerdings werfen die nackten Zahlen der letzten beiden Spielzeiten ein eher ernüchterndes Bild ab: Nur 38 Einsätze von 68 möglichen, keine Tore, ein verschossener Elfmeter und drei Assists. Zwei Vorlagen kamen beim Auswärtssieg in Darmstadt 2023 zustande – dem quasi letzten Spiel der erfolgreichen Urs-Fischer-Ära – bevor wir in eine harte Phase gerieten.

Für einen Spieler, der uns rund neun Millionen Euro kostete und zwischenzeitlich sogar zwölf Millionen auf dem Transfermarkt wert war, ist das zu wenig. Aktuell beträgt sein Marktwert nur noch vier Millionen. Das sind reine Mitläufer-Zahlen – schlicht unzureichend für einen Spieler seiner Klasse, gerade bei Standards, die eigentlich seine Stärke sein sollten, aber auch insgesamt. Unser Anspruch muss höher sein, wir haben schon zu viele Spieler, die sich im unteren Mittelfeld einrichten und sich zu selten anstrengen – das reicht nicht. Hoffen wir, dass Juranovic in den kommenden drei Jahren sowohl uns als auch sich selbst positiv überrascht. Das wäre fantastisch.

Er kann ja gleich zum Heimauftakt gegen den VfB Stuttgart zeigen, wohin es gehen soll – idealerweise Richtung sichere Tabellenmitte.

Die Schwaben sind ein starker Gegner, haben sich in den letzten Jahren zusammen mit Eintracht Frankfurt am meisten weiterentwickelt. Doch wir haben auch dazu gelernt: Es gibt in der Liga keine leichten Spiele, und oft sind gerade vermeintlich machbare Aufgaben die schwierigsten. Insofern passt dieser Auftakt perfekt.

Wahrscheinlich werden wir nicht das Spiel machen müssen, was uns eher entgegenkommt – so kann die Mannschaft zeigen, ob Baumgarts bevorzugtes Umschaltspiel schon funktioniert. Wenn dazu noch Effektivität kommt, wäre das großartig.

Diogo Leite wird fehlen, da er uns wohl verlassen will, und auch Doekhi steht in Istanbul bei Besiktas auf der Liste. Anfang nächster Woche werden wir mehr wissen. Spannend sind Köhn, Ansah, N'soki und Burke – wer von ihnen in der Startelf steht und wer von der Bank kommt, bleibt abzuwarten. Das Wetter wird mild und feucht – eine Hitzeschlacht bleibt uns erspart. Ich glaube fest an die ersten drei Punkte. Alles andere wäre eine Überraschung. Eisern!

Icke: Heute ist ein besonderer Tag 😊 … Berliner und Union-Fans feiern den 20. Jahrestag des 8:0-Erfolgs gegen die Nachfolger von Mielke. Union gewann am 3. Spieltag der Oberliga Berlin damals mit 8:0. Ja, richtig gelesen, Union spielte vor 20 Jahren noch in der Oberliga des NOFV. Seitdem ging es – zum Glück – für uns stetig bergauf, während andere im Amateurbereich blieben. Es waren 28 Grad, Sonnenschein und alle waren gut gelaunt – ich war live dabei.

Aber nicht alle waren glücklich: 180 vor allem kriminelle Hooligans wurden in der Nacht von der Polizei in der Diskothek Jeton in der Frankfurter Allee festgenommen. Sie bereiteten sich auf Straftaten am nächsten Tag vor, mit dem Ziel Körperverletzungen. Die schlimmsten Gewalttäter wurden so aus dem Verkehr gezogen. Nach den 8 Union-Toren hatten die restlichen Stasi-Fans keine Lust mehr und zogen gedemütigt nach Hause.

Das Spiel war ebenso deutlich wie die Tore. Union dominierte klar und spielte mit den Gästen Katz und Maus. Vor dem Spiel gab es eine lustige Szene: Der Pressesprecher der Gäste, Lüdtke, sprach vor seinen Fans zur Besonnenheit, doch seine dünne Piepsstimme passte kaum zu seinem kahlrasierten Erscheinungsbild – tausende Unioner lachten herzlich.

Die Union-Helden an diesem Tag: Glinker – Persich, Bergner, Ruprecht – Kaiser, Heinrich – Bönig, Mattuschka, Kurbjuweit – Benyamina, Grubert. Eingesetzt wurden Wunderlich, Prokoph und Kovulmaz. Zur Halbzeit stand es erst 2:0 durch zwei Tore von Mattuschka. Dann erhöhte Grubert zum 3:0 und 4:0. Danach traf Karim Benyamina noch dreimal und auch Ex-Nationalspieler Jörg Heinrich erzielte das 6:0. Besonders entscheidend waren die Spieler, die Christian Beeck damals zu Union lotste: Champions-League-Sieger und Weltpokalgewinner Jörg Heinrich mit seinem glänzenden Spielaufbau, „Tusche“ Mattuschka als Regisseur und Torschütze aus der Distanz sowie Karim Benyamina, der aus Babelsberg kam und nicht mehr aufhörte zu treffen – genau wie Mattuschka.

Das war ein unvergessliches Spiel. Wer dabei war, darf sich stolz fühlen, wer nicht, hat es als Union-Fan längst bereut. Die Party ging danach in ganz Berlin weiter – Fremde feierten gemeinsam. Ich ging mit meinem Sohn zufrieden nach Hause und gönnte mir noch ein Bier im Garten. Eisern!

Unionfux: Überraschend, aber nicht ganz unerwartet: Linksverteidiger Derrick Köhn wechselt von Galatasaray Istanbul zu uns, für rund vier Millionen Euro, plus einer halben Million an Boni und einer Weiterverkaufsbeteiligung zwischen zehn und zwanzig Prozent, abzüglich zwei Millionen, je nach Quelle.

Ein Grund für den Wechsel war offenbar die Ausländerbegrenzung in der türkischen SüperLig, durch die Köhn quasi „geopfert“ wurde. Werder Bremen hatte ihn in der vergangenen Saison schon verpflichtet und wollte ihn fest übernehmen – nachdem er dort bereits spielte. Bremen hatte eine Kaufoption von über fünf Millionen, die ihnen jedoch zu teuer war, wohl hofften sie auf einen günstigeren Preis. Auch Köln bot mit, aber ebenfalls nicht ausreichend.

Köhn erhält bei uns einen Vierjahresvertrag, anderswo wurde von drei Jahren berichtet. Der Verein schweigt sich dazu aus, sodass man entweder das eine oder andere glauben kann.

Nun stellt sich die Frage: Ist Köhn ein Ersatz für Diogo Leite, der wohl bald gehen wird? Oder soll die Flanke weiter verstärkt werden, um die Stürmer besser zu bedienen? Burke auf der einen, Köhn auf der anderen Seite – das wäre viel Tempo, das wir für unser Umschaltspiel dringend brauchen und das uns zuletzt fehlte.

Positiv ist, dass Köhn keine sprachlichen oder Eingewöhnungsprobleme haben sollte. Er bringt Erfahrung und Ausbildung aus Profiklubs wie HSV und Bayern mit. Unsere letzte Verpflichtung aus Istanbul war Max Kruse – trotz seines plötzlichen, lukrativen Abgangs in der Winterpause ein Erfolg. Dass er damit letztlich seine Karriere schädigte, ist eine kleine Genugtuung. Ein neuer Kruse wäre toll, auch wenn die Chancen dafür gering sind.

Köhn wird zwar bei vielen Fans zunächst nicht für Euphorie sorgen, aber es gibt genügend Gründe für Zuversicht. Klarheit gibt es frühestens in einem halben Jahr. Für teurere Transfers fehlt uns das Geld und die Gehaltsstruktur. Daher ist das ein solider Deal, der in mehrfacher Hinsicht Sinn macht. Die vergangene Saison in Bremen war durchwachsen – mehr wird erwartet, Luft nach oben gibt es zweifellos. Wäre toll, wenn Köhn bei uns voll durchstartet, das haben wir schon lange nicht mehr erlebt.

Ob er bereits am Samstag gegen den VfB Stuttgart im Kader steht, ist offen. Sicher dabei wird Frederik Rönnow sein, der nach einem Hitzekollaps vergangenen Freitag wieder trainiert. Raab ist zwar ein echter Konkurrent, aber Rönnow ist bisher unser klarer Nummer eins. Am Samstag bleibt es eher kühl, was uns eine Hitzeschlacht erspart.

Die Vorfreude steigt, trotz leichter Skepsis: Niemand weiß genau, wo unsere Mannschaft leistungstechnisch steht. Im Pokal sah man, dass viele Bundesligisten noch nicht in Form sind. Unsere Heimauftaktspiele der letzten drei Jahre waren erfolgreich. Mal sehen, was Baumgart und die Jungs zum Saisonstart zeigen, mit oder ohne Köhn. Herzlich willkommen, Derrick – viel Erfolg!

Unionfux: Laszlo Benes wechselt in die türkische SüperLig zu Kayserispor, trainiert von Markus Gisdol. Ohne Leihgebühr, aber mit Kaufoption. Hoffentlich müssen wir nicht Teile seines Gehalts übernehmen. Der Transfer hinterlässt einen faden Beigeschmack – ein weiterer Flop, der Fragen aufwirft.

Benes zeigte im letzten HSV-Jahr noch beeindruckende Werte: 13 Tore, 12 Vorlagen, ein Spieler, der offensiv Akzente setzt und Spiele prägt. Bei uns gelang ihm kaum noch etwas. Weder Svensson noch Baumgart, die ihn aus Hamburg kennen, schenken ihm Vertrauen. Ohne dieses wird es schwer, zumal er eher nicht als Joker geeignet ist.

Am Ende stehen nur zwei sehenswerte Tore, die jeweils ein Unentschieden sicherten, und eine gut geschlagene Ecke auf den Kopf von Tom Rothe. Das ist wenig, zumal er in 572 von möglichen 3060 Minuten spielte – eine überschaubare Einsatzzeit. Eine Kaufoption bringt uns wenig: Bringt er Leistung in der Türkei, steigt sein Wert, wenn nicht, haben wir ihn wieder. Die Transferpolitik macht zunehmend Sorgen.

Der VfL Nottingham bot kürzlich 20 Millionen Euro für Leweling, doch Stuttgart lehnte ab und fordert 40 Millionen. Vor einem Jahr erhielten wir für Leweling gerade mal 5 Millionen, nachdem wir selbst 4 gezahlt hatten. Das war ein großer Fehler, von dem VfB profitieren sie. Atalanta Bergamo will Robin Gosens zurück, bietet 12 Millionen, was Florenz zu wenig ist. Florenz zahlte uns 7 Millionen, während wir 13 an Mailand zahlten. Gosens wurde für 27 Millionen von Bergamo nach Mailand verkauft. Die Verlierer sind Inter Mailand und wir.

Wann hatten wir mal echten Gewinn? Bei Awoniyi, Hollerbach, Kruse und Andersson vielleicht. Nach Abzug von Ablösen und Weiterverkaufsbeteiligungen bleiben eventuell 25 Millionen – die Verluste sind deutlich höher. Wir können uns das kaum leisten, wenn wir nicht zu den Top-Clubs oder Konzernen gehören. Die Kluft in der Liga vergrößert sich, wir sind die „Kirchenmäuse“ – während 20 bis 30 Millionen in vielen Vereinen Standard sind. Ein oder zwei Volltreffer wären enorm wichtig. Vielleicht ist Bogdanov, gerade aus Dresden verpflichtet, so einer – das wäre schön.

Ohne Benes fehlt uns im offensiven Mittelfeld praktisch ein Spielmacher. Haberer zeigt seine Fähigkeiten nicht mehr, Schäfer stagniert, Jeong ist eine Option, muss sich aber noch beweisen. Im System gibt es kaum eine klassische Zehn – aber wir brauchen dringend jemanden. Wir haben wenig Überraschungselemente und ohne Hollerbach noch weniger. Ansah zeigt gute Ansätze, aber auch ein Zielspieler wie Ilic muss gut bedient werden, sonst ist er nutzlos. Vielleicht kommt noch eine Leihe, mit Kaufoption, falls Premier-League-Klubs ihre Kader überfüllt sehen. Ein glückliches Händchen und genaues Scouting sind notwendig. Quantität haben wir genug, aber Qualität fehlt.

Eine weitere Idee, nicht exklusiv von mir: Sheraldo Becker ist nach anderthalb Jahren in San Sebastián nicht mehr beliebt, hat keine Rückennummer für die kommende Saison. Rückholaktionen sind immer schwierig, aber seine Geschwindigkeit könnte uns guttun. Wahrscheinlich wird es nicht klappen, aber wir brauchen unbedingt Verstärkungen, damit die neue Saison gelingt.

Icke: Wir wissen es noch nicht genau. Aber die Befürchtungen wurden nach vier Niederlagen hintereinander erst einmal zurückgestellt: Union gewann in Gütersloh ungefährdet mit 5:0. Kein glanzvoller Sieg, aber verdient. Gütersloh war chancenlos. Baumgart setzte auf Bewährtes und wählte den sichereren Weg: hinten wieder mit drei Innenverteidigern, außen mit Trimmel und Skov auf Routine, im zentralen Mittelfeld mit Khedira und Schäfer zwei kämpferisch starke Spieler. Defensiv geriet nichts in Gefahr. Vorn sollte der Dreiersturm Burke-Ilic-Ansah für Gefahr sorgen.

Ansah zeigte wohl sein bisher bestes Spiel für Union und wird es auch Gegnern schwer machen, ihn vom Ball zu trennen. Ilic versuchte es oft, bereitete das fünfte Tor mustergültig vor und erzielte selbst das vierte. Haberer und Schäfer legten auf. Burke war noch nicht angekommen, zwei Szenen machten das deutlich: In der 53. Minute gewann er einen Zweikampf nicht, in der 63. Minute ließ er einen Pass von Schäfer ungenutzt. Die Missverständnisse sollten sich noch klären.

Die ersten drei Tore fielen durch Standards – jetzt weiß man, dass wir das trainiert haben. Skov, Querfeld und Doekhi schossen die Tore. Ansah hatte mehrere Schussgelegenheiten, hatte aber Pech. Nach der Pause musste Rönnow mit Schwindel vom Platz. Raab kam rein und wirkte souverän. Hoffentlich war das nur ein kurzes Schwindelgefühl. Neben Raab wurden Kral, Jeong, Haberer und Skarke eingewechselt. Jeong war sofort aktiv, hatte eine gute Chance und erzielte selbst das letzte Tor. Leite und Juranovic fehlten wegen Verletzungen und Trainingsrückständen. Wer das glaubt, ist selber schuld.

Gütersloh hatte gute Szenen, doch unsere Verteidiger retteten mehrfach oder die Gäste hatten Pech. Ein Ehrentreffer wäre verdient gewesen. Man spielte einen gepflegten Ball. Einige Spieler waren technisch gut. Leider hat der Ort Miele und Bertelsmann, die Firmen dort, sind nicht fußballaffin, sonst gäbe es womöglich eine Bundesliga-Mannschaft. Jetzt folgt der Härtetest gegen VfB Stuttgart. Wir können wieder optimistischer auf Union schauen. Eisern.

Unionfux: Jetzt wird es ernst: Das erste Pflichtspiel steht an, der DFB-Pokal in NRW gegen den Regionalligisten FC Gütersloh. Der Pokal ist nicht ganz so wichtig (auch wenn der Trainer ein Fan ist, wie er betonte), und Gütersloh ist „nur“ Regionalligist. Trotzdem ist jetzt Schluss mit Schönreden: Ein 0:1 wäre diesmal ärgerlicher als bei den vier vorherigen Pokalniederlagen. Der finanzielle Schaden ist zwar noch überschaubar, aber auch ein Weiterkommen kein Grund zur Euphorie – wir sind ja noch Bundesligist und einige Ligen über dem Gegner.

Vielleicht müssen wir gegen die kleinen Teams endlich das tun, was wir nicht so gut können: das Spiel machen. Horst Heldt sagte vor der letzten Vorbereitung gegen Olympiakos Piräus, es bestünde kein Bedarf an einem offensiven Mittelfeldspieler, weder für die „Acht“ noch die „Zehn“. Das ist angesichts der Leistung der letzten Jahre fast unglaublich – wohl auch, weil bislang niemand aus dem vollen Mittelfeldkader verkauft oder verliehen wurde. Darunter fällt auch Laszlo Benes, der als Hoffnungsträger nach nur einer Saison als gescheitert gilt. Ob das an ihm oder mangelndem Vertrauen liegt, ist schwer zu sagen. Selbst sein ehemaliger HSV-Trainer, der ihn schätzte, hat bei uns kaum Verwendung für ihn. Ein Verkauf scheint daher die Lösung, doch es fehlen Interessenten.

Alex Kral hätte längst weg sein oder bei Espanyol Barcelona bleiben sollen, ist aber noch da. Lucas Tousart will wohl trotz Nichtberücksichtigung bleiben, was verständlich ist, da er Spitzenverdiener ist und in einem Jahr ablösefrei wird. Drei eigentlich gute Spieler, die bei uns nicht funktionierten – warum, ist unklar. Hoffentlich hat man intern Antworten gefunden.

Diogo Leite soll gehen (das schon lange), wenn er nicht verlängert, und das will er wohl nicht. Wirtschaftlich sollten wir uns trennen, auch wenn eine Ablöse von über zwölf Millionen schwer wird. Marin Ljubicic, seit einem halben Jahr bei uns und für 4 bis 5 Millionen aus Linz geholt, scheint durch. Anfang vielversprechend, wirkt aber überfordert. Er hat einen langfristigen Vertrag.

Unser Stürmerfriedhof wird größer – Mikkel Kaufmann, Ivan Prtajin, Chris Bedia, Kevin Volland, Jordan – um nur einige zu nennen. Die Erfolgsquote unserer Transfers sinkt seit Jahren, auch wenn es mit Hollerbach eine Ausnahme gibt. Transferpolitik ist aber überlebenswichtig für kleinere Vereine. Es muss sich endlich etwas ändern, wenn wir erstklassig bleiben wollen.

Bestimmt kommt noch Bewegung in den Kader, vielleicht auch ein oder zwei Volltreffer, aber hoffen wir nicht schon zu lange darauf. Genug geklagt, ab nach Gütersloh und zeigen, dass wir doch viel besser sind, als viele denken. Ein Weiterkommen sollte drin sein. Eisern!

Icke: Gibt es eine Erklärung, warum im letzten Testspiel die erwartete Stammelf spielte, aber Juranovic und Leite nicht zum Einsatz kamen? Juranovic war gar nicht im Kader, Leite saß 90 Minuten auf der Bank. Bei Juranovic hieß es, er sei verletzt, das kann stimmen, muss aber nicht. Bei Leite gab es kaum Informationen. Wahrscheinlich stehen ein oder zwei Wechsel kurz bevor.

Seit Wochen versucht Baumgart, aus Rothe einen linken Innenverteidiger zu machen. Rothe bekam zuletzt wenig Spielzeit, besonders nicht auf der ungewohnten Position. Der Erfolg ist mäßig, einige Spiele liefen holprig, andere okay. Außerdem haben wir Nsoki aus Hoffenheim geholt. Man könnte sagen, er ist Ersatz für Leite. Aber warum sollte er es machen, wenn er sowieso nicht an Leite vorbeikommt? Eine Option wäre Nsoki als defensiver Außenverteidiger, doch dort wurde er nicht eingesetzt. Markgraf aus der A-Jugend bekam dafür die meisten Einsätze. All das deutet darauf hin, dass Leite wohl bald geht.

Ähnliches gilt für Juranovic. Eine Verletzung ist möglich, manchmal wird das als Vorwand benutzt, um einen Transfer nicht zu gefährden. Zuletzt spielte häufig der wiedergenesene Skov auf der linken Außenbahn, auch Markgraf bekam viel Einsatzzeit. Juranovic ist eigentlich Rechtsverteidiger, wurde aber in der zweiten Halbserie der letzten Saison auf links umfunktioniert, um mehr Ballsicherheit zu gewährleisten. Ob ihm das gefiel, ist unklar. Er möchte nächstes Jahr auf seiner angestammten Position bei der WM spielen.

Die Verträge von Leite und Doekhi laufen nur noch bis 2026, es ist wahrscheinlich, dass wir nicht beide halten können. Besonders Doekhi wird intensiv umworben, besonders von Feyenoord Rotterdam, wo er geboren wurde. Wir werden sehen. Baumgart hat vorgesorgt: Kral, ursprünglich Mittelfeldspieler, wurde in Tests oft als Innenverteidiger eingesetzt. Espanyol Barcelona, sein Leihklub, zog seine Kaufoption nicht, obwohl er eine solide Saison spielte.

Es wäre keine Überraschung, wenn wir in der Bundesliga mit einer Dreierkette Kral – Querfeld – Rothe starten. Dahinter haben wir Nsoki, Ogbemudia und eventuell Tousart, der auch schon einige Einsätze in der Innenverteidigung hatte. Bei der Stammelf wird sich noch einiges tun.

Es bleibt die Hoffnung, dass wir wenigstens einen der beiden Innenverteidiger – vermutlich Doekhi – zu einer Vertragsverlängerung bewegen können. Falls auch Juranovic geht, müssten wir sogar drei wichtige Säulen ersetzen – das wäre sehr bitter und kompliziert. Einige sagen, dass Raab als neue Nummer eins geholt wurde, weil Rönnow wackelt – dieser hat nur noch Vertrag bis 2026 und interessante Angebote. Das müssen wir unbedingt verhindern. Rönnow war in den letzten Jahren unsere Lebensversicherung, und diese Rolle wird noch wichtiger, wenn weitere Leistungsträger uns verlassen. Mindestens zwei aus dem Quartett Leite, Doekhi, Juranovic und Rönnow müssen wir behalten und verlängern. Gelingt das nicht, erwartet uns eine sehr schwierige Saison. Eisern!

Unionfux: Eine gewisse Konstanz ist zu erkennen: Auch das letzte Vorbereitungsspiel endete wie die drei zuvor – mit einer 0:1-Niederlage. Die Alte Försterei war trotz Mannschaftsvorstellung und Autogrammstunde nur zu zwei Dritteln gefüllt – etwa 14.000 Zuschauer, immerhin gegen Olympiakos Piräus, den griechischen Meister und Gewinner der Conference League.

73 Minuten lang war es ein ereignisarmes Spiel mit wenigen Möglichkeiten. Wie zuletzt hatten wir kaum Torchancen, die Griechen hatten zumindest eine, kurz vor der Pause durch ihren Top-Stürmer El Kaabi, doch Rönnow konnte parieren, auch weil der Marokkaner den Ball etwas zu weit vorlegte.

Nach der Pause ging es wenig spektakulär weiter. Wir versuchten es, doch technisch und bei der Passgenauigkeit fehlte es an Präzision. Automatismen, die langsam kommen sollten, waren kaum zu sehen. Niemand ragte heraus, auch unser Königstransfer Burke blieb unauffällig. Es wirkte, als spiele eine neu zusammengestellte Truppe, die sich erst finden muss.

Dann ging der Gast aus dem Nichts in Führung: Chiquinho traf nach präzisem Zuspiel von Mouzakitis mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck. Nun erwachte das Spiel überraschend, und wir kamen zu zwei guten Chancen durch Ljubicic (vorbereitet von Skarke und Schäfer) und Benes (nach Flanke von Jeong). Beide Chancen blieben ungenutzt – einer zu schwach, der andere knapp vorbei. Am Ende waren viele froh, dass die Testspielphase vorerst vorbei war – es machte wenig Freude.

Zwei Gegentore waren fragwürdige Elfmeter, zwei weitere Sonntagsschüsse. Defensiv stehen wir also einigermaßen, offensiv jedoch kaum. Man fragt sich, was zuletzt trainiert wurde und warum die Mannschaft wenig umsetzt. Niemand erwartet Wunder, aber das Fundament sollte wenigstens stimmen. Nach Bundesligatauglichkeit sieht es offensiv nicht aus. Auch eine klare Handschrift des Trainers fehlt. Ist diese überhaupt vorhanden? Oder liegt der Fokus nur auf Kondition und Spielpraxis? Brauchen wir noch Zeit? Kann Steffen Baumgart uns besser machen oder verwaltet er nur das, was da ist? Wer keine Zweifel hat, hat vermutlich religiöse Zuversicht.

Es werden wohl weitere unruhige Wochen bis zum ersten September, dem Ende der Transferperiode, werden. Dann wissen wir, wie der endgültige Kader aussieht. Meiner Meinung nach fehlt weiterhin ein Spielmacher. Doch dieser wird wohl nicht mehr kommen. Trotzdem ist jedes Wunder willkommen. Die Saison beginnt mit schwierigen Gegnern: VfB Stuttgart zuhause und Dortmund auswärts. Da wird sich zeigen, was wir können. Die Erwartungen wurden mittlerweile auf ein Minimum reduziert – vielleicht ist das Teil des Plans? So gelingt es momentan recht gut.

Der Pokalauftakt gegen Regionalligist Gütersloh ist noch kein Maßstab, auch wenn Gütersloh in einem Testspiel gegen Fortuna Düsseldorf II verlor. Aber gewinnen müssen wir trotzdem. Mal sehen, ob wir dann endlich zeigen, was uns so fehlt und Sorgen bereitet. Vielleicht muss ich Baumgart dann ein wenig loben, weil ich bisher manches nicht erkannt habe. Das wäre schön und ein guter Anfang.