Union Berlin Blog: Alles noch einmal geben – Jahresausklang in Köln
Berlin – Eisern: Der Union-Berlin-Blog bei TAG24 wird von drei echten Berliner Fußballfans betrieben, die ihre Leidenschaft für den Verein teilen.
Die Autoren:
Icke (Jürgen Heinemann) ist schon seit Mitte der 1970er Jahre treuer Union-Fan und arbeitet seit über 30 Jahren im Vertrieb als Betriebswirt. Er ist verheiratet, Vater eines erwachsenen Kindes und lebt heute in Grünheide. Als Gründer des Blogs berichtet er hier.
Unionfux (Tobias Saalfeld) ist seit mehr als 40 Jahren Union-Anhänger und arbeitet freiberuflich im Bereich Bühne, Funk und Fernsehen, wo er ebenfalls schreibt.
Beecke (Christian Beeck), ehemaliger Bundesliga-Profi (Hansa Rostock, Cottbus), ehemaliger Manager bei Union und mit 21 Länderspielen für DDR-Junioren, stammt aus dem Union-Nachwuchs. Beecke ist Vater von zwei Kindern und steht unserem Blog als Berater zur Seite.
Unionfux: Das letzte Spiel des Jahres steht an, und der erste Eindruck wird vermutlich entscheidend für die Bewertung der Saison sein: Wenn wir in Köln gewinnen, hätten wir ansehnliche 21 Punkte gesammelt, damit mehr als die Hälfte der oft zitierten 40 Punkte, zehn Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz und würden die Winterpause (auch wenn sie nur kurz ist) auf Rang acht verbringen – eine tolle Ausgangsposition für einen zweiten sicheren Klassenerhalt.
Ein Unentschieden oder eine Niederlage würden die Lage zwar nicht dramatisch verschlechtern, doch deutlich machen, dass wir weiterhin keine Konstanz finden. Schon deshalb, weil wir bislang in dieser Saison noch nie zwei Siege hintereinander feiern konnten und die Euphorie nach dem Heimsieg gegen RB Leipzig schnell verflogen wäre.
Aljoscha Kemlein (l.), Leopold Querfeld und Danilho Doekhi (1. FC Union Berlin) – außerdem wird sich zeigen, ob unser Sturm, der zuletzt traf, nur ein kurzes Aufflackern war oder ob die Offensivkräfte ihr Potenzial zumindest ansatzweise dauerhaft abrufen können. Mit anderen Worten: Ein Spiel von großer Bedeutung, mal wieder richtungsweisend.
Das RheinEnergie-Stadion, ein weiterer schöner Stadionname, gilt als Hexenkessel, doch die Aufsteiger aus Köln sind nicht besonders heimstark, erst zwei Heimsiege konnten sie bisher feiern – gegen Freiburg und den HSV. Vermutlich werden wir den Kölnern mehr Spielanteile lassen und uns auf das Umschaltspiel konzentrieren. Möglich ist also, dass Ilic, Ansah und Burke in der Startelf stehen.
Wir müssen weiterhin auf Skov und den gelbgesperrten Haberer verzichten. Es ist wahrscheinlich, dass Trimmel wieder von Beginn an spielt, vor allem wegen seiner starken Flanken und Standards, da noch kein anderer Spieler in dieser Hinsicht wirklich überzeugen konnte. Der talentierte, aber häufig angeschlagene Juranovic wird wohl nur von der Bank kommen. Es wäre wünschenswert, wenn sich mehr Spieler bei Standards verbessern würden, denn diese sind ein wichtiger Bestandteil unserer Offensivwaffen.
Es ist schon überraschend, dass dieses Thema den Verantwortlichen so entgangen ist – vielleicht wird man das bei zukünftigen Transfers berücksichtigen. Außerdem könnte es sein, dass das Abwehr-Trio Doekhi, Querfeld und Leite zum letzten Mal gemeinsam aufläuft – andererseits wurden Abgänge von Leite und Doekhi schon viele Male als sicher verkündet.
Das nächste Heimspiel findet am 10. Januar statt, das Transferfenster ist dann noch drei Wochen geöffnet. Wir müssen abwarten. So oder so: Wir sollten den Schwung aus dem letzten Spiel mitnehmen, am Samstag selbstbewusst auftreten und konzentriert zur Sache gehen. Dann ist ein entspanntes Jahresende möglich und der Blick auf die Tabelle macht wieder Freude. Auf geht’s, holen wir drei Punkte am Rhein!
Icke: Seit Wochen kursieren Gerüchte, dass der ehemalige Union-Spieler Taz von der dritten Liga (Verl) in die zweite Liga (Bielefeld) wechseln möchte. In den letzten eineinhalb Jahren hat er Tore und Vorlagen am Fließband geliefert: 59 Scorerpunkte! 25 Tore und 34 Assists. Mit 26 Jahren ist er zudem im besten Fußballalter und hat eine Verbindung zu Union.
Ähnliche Werte erreichte der 30-jährige Cottbus-Routinier Cigerci im gleichen Zeitraum mit 29 Toren und 15 Vorlagen, insgesamt 44 Scorer. Er gilt als Führungsspieler in Cottbus und soll möglicherweise zum FC Essen wechseln. Man darf sich fragen, ob beide Spieler zu schwach für Union oder die Bundesliga sind.
Technisch sind sie sicherlich solide, auch taktisch und im Zweikampfverhalten gibt es Entwicklungspotenzial. Beide passen zum Spielstil von Baumgart. Cigerci hat 57 Profispiele im zentralen Mittelfeld mit sensationellen 50 Scorerpunkten, Taz kann zudem auf halboffensiven Positionen spielen. Vielleicht ist eine solche Lösung vorstellbar, gerade wenn man bedenkt, wie viel Geld wir in den letzten Jahren für Stürmer ausgegeben haben, die nicht eingeschlagen sind.
Abseits davon hat sich an unserer „Nordkorea-Front“ wenig getan. Ein Abgang von Ilic nach England wird weiterhin diskutiert, was schwer vorstellbar ist, da englische Vereine oft mit unmoralischen Angeboten locken und seine Torquote nachlässt. Ein weiterer Name kursiert aus der Türkei: Dennis, ein defensiver Mittelfeldspieler, für den wir aber nicht wirklich Bedarf haben. Wahrscheinlicher ist der Wechsel von Leite zu Uduokhai. Wann das offiziell wird, ist offen.
Ich hoffe immer noch auf eine Rückkehr von Awoniyi, auch wenn es nur eine Leihe wäre – ein Wechsel nach Bremen wäre schwer zu verstehen. Eisern!
Unionfux: Zugegeben: Die Rasenballer sind so etwas wie unser Lieblingsgegner, wir konnten sogar mehrmals in Serie gegen den Klub aus Leipzig gewinnen. Dieses Mal sind die Vorzeichen jedoch schwieriger, denn wir sind nicht im Aufwind, während Leipzig zuletzt Frankfurt mit sechs Toren beeindruckend besiegte.
Die erste Halbzeit war von Vorsicht geprägt. Offensiv gelang uns wenig, defensiv konnten wir die gefährlichen Angriffe des Gegners gut unterbinden. Erst eine Doppelchance für Leipzig sorgte für Gefahr, die unser dänischer Keeper Rönnow großartig entschärfte. So ging es torlos in die Pause, wobei sich die Frage stellte: Wie wollen wir das Spiel gewinnen?
In der zweiten Halbzeit agierten wir offensiv und wie: Kemlein spielte zu Jeong, der Burke schickte, der seinen Gegenspieler aussteigen ließ und aus 15 Metern den Ball ins linke Eck setzte – Traumtor und Führung! Leider hielt die Führung nicht lange. Ein Fehler in der Abwehr ermöglichte Gomis den Ausgleich.
Doch die Mannschaft ließ sich nicht entmutigen: Christopher Trimmel schickte eine perfekte Flanke auf Ansah, der per Kopf das 2:1 erzielte – das erste Kopfballtor seit dem siebten Spieltag! Auch wenn der Gegner weiterhin Druck machte, konnten wir mit einigen Kontern Nadelstiche setzen. Skarke scheiterte mit einem Schuss knapp am Tor, doch in der Nachspielzeit spielten Schäfer und Ilic einen Konter perfekt aus, und Skarke traf ins linke Eck – der dritte Stürmertreffer!
Die Alte Försterei stand Kopf – wir feierten endlich einen Heimsieg gegen RB, Mentalität und Kampfgeist besiegten spielerische Klasse. Das war enorm wichtig für das Selbstbewusstsein, die Tabellenposition und die Stimmung im Verein. Vielleicht gelingt dieses Erfolgsrezept auch in Köln. Bis dahin freuen wir uns auf eine konzentrierte Leistung im letzten Heimspiel des Jahres.
Icke: Da kommt ein dicker Brocken auf uns zu: Union empfängt die Leipzig-Markranstädter, die zuletzt alle drei Pflichtspiele gewannen, darunter ein 6:0 gegen Frankfurt. Wir dagegen verloren die letzten drei Spiele, darunter ein schwaches 0:3 in Wolfsburg, wo unsere ansonsten sichere Defensive versagte.
Zum Glück ist Khedira wieder fit – seine Bedeutung für die Defensive haben wir zuletzt schmerzlich vermisst. Ich hoffe, dass Trainer Baumgart von Schonungs-Experimenten absieht. Auch Doekhi äußert sich inzwischen klarer und könnte sich vorstellen zu bleiben. Lieber Verein: Investiert das Geld, das für Ersatzspieler vorgesehen war, besser in ihn. Er ist aktuell unser bester Innenverteidiger und darf auch der Topverdiener im Team sein. Alles andere würde uns wohl nur schaden.
Es zeichnet sich ab, dass wir Doekhi halten und Leite abgeben, der Ersatz könnte Uduokhai sein. Wenn Heldt das gelingt, wäre das eine seiner besten Leistungen. Alles andere birgt Risiken für unseren Klassenerhalt.
Zum Spiel: Wir stehen noch nicht auf einem Abstiegsplatz, aber nur mit vier Punkten Vorsprung auf Platz 16. Deshalb gilt für Freitagabend: Verliern verboten! Unsere Bilanz gegen Leipzig zu Hause ist überraschend gut, mit vier Siegen und zwei Unentschieden aus acht Spielen. Interessanterweise endeten alle Siege 2:1. Die Marschroute ist klar: schnell in Führung gehen und dann verteidigen.
Wir erwarten folgende Startelf: Rönnow – Doekhi, Querfeld, Leite – Trimmel, Khedira, Rothe – Kemlein, Schäfer – Ansah, Ilic. Möglich sind auch Köhn für Rothe oder Haberer für Schäfer. Verletzt ist nur Skov. Juranovic dürfte sich einen Einsatz verdienen. Drückt die Daumen! Eisern.
Unionfux: Der Tabellenletzte Mainz 05 hat einen neuen Trainer, nachdem Bo Henriksen nach einer Serie schlechter Ergebnisse entlassen wurde. Es ist unser nächster Gegner an der Alten Försterei in einem Monat – hoffentlich nicht mehr als Tabellenletzter, denn das würde die Aufgabe extrem erschweren.
Der neue Trainer ist Urs Fischer – der wohl beste und erfolgreichste Union-Trainer aller Zeiten, der nach über zwei Jahren in der Bundesliga zurückkehrt. Das ist ein seltsames Gefühl für viele Fans. Natürlich freut man sich für ihn, aber insgeheim hätte man ihn lieber als Nationaltrainer oder in England oder Frankreich gesehen, nicht bei einem direkten Ligakonkurrenten.
Es ist, als würde die ehemalige große Liebe nun ausgerechnet mit einem ungeliebten Rivalen eine neue Beziehung eingehen – das tut weh. Daran muss man sich wohl gewöhnen, denn in dieser Saison treffen wir noch zweimal auf Mainz und werden um den Klassenerhalt kämpfen.
Da einem das eigene Hemd näher ist als der Rock, fällt es schwer, Urs Fischer viel Glück zu wünschen. Ich hoffe, er scheitert nicht, aber ich bereite mich darauf vor, ihn in Mainz-Trikot zu ertragen.
Trainer Baumgart sieht unsere letzten drei Spiele so: „Dritte Niederlage in Folge, dreimal gute Leistung, aber nichts mitgenommen. Das ärgert.“ Was die Spiele gegen Bayern, Wolfsburg und Heidenheim angeht, sieht das wohl jeder ähnlich – bis auf Baumgart.
Es bleibt abzuwarten, ob wir mit diesem Anspruch weitermachen können. Hoffentlich ja, denn neue Rückschläge würden uns viele Sorgen bereiten. Es wäre gut, wenn Manager Heldt diesmal nicht so blauäugig agiert wie im Sommer, als er einen Ersatz für Benes für unnötig hielt. Das würde wirklich ärgern.
Icke: Bevor es am 10. Januar 2026 weitergeht, absolvieren wir noch zwei Bundesliga-Spiele in 2025. Am 12. Dezember empfängt Union den RB Leipzig, danach reisen wir vier Tage vor Weihnachten nach Köln. Wer noch sechs Punkte erwartet, träumt ein bisschen, denn unsere Leistungen sind zu unterschiedlich. Wir fahren Achterbahn zwischen Bundesliga und Pokal.
Warum fehlt uns Konstanz? In Wolfsburg spielten wir gar nicht schlecht und erspielten Chancen, doch ein treffsicherer Stürmer fehlt. Ansah (vier Tore) ist unser bester Schütze, hat aber eine Formkrise. Der zweit- und drittbeste Torschütze sind Verteidiger Doekhi (vier Tore) und der defensive Mittelfeldspieler Khedira (drei). Burke, der auch drei Treffer erzielt hat, zeigte nur ein richtig gutes Spiel; Ilic steht noch bei null.
Fazit: Uns fehlt ein effektiver Torjäger. Im Winter sollte man Ljubicic verleihen, der kaum mehr im Kader ist. Auch Skarke scheint abgehängt. Für die zwei könnten wir einen Treffer holen, ohne großen finanziellen Aufwand.
Im Mittelfeld etablieren sich Khedira und Kemlein als Stamm-Duo. Wenn Khedira ausfällt, schwimmen wir. Haberer, Schäfer und Kral schaffen es nicht mehr, Führungsrollen einzunehmen. Wir müssen es beim Namen nennen: Mit dem vorhandenen Personal reicht es kaum noch. Khedira ist unersetzlich. Eigengewächs Kemlein entwickelt sich, ist aber noch kein Leistungsträger. Uns fehlen ein bis zwei starke zentrale Mittelfeldspieler, um eine Leistungssteigerung zu ermöglichen. Kann man nicht mit Neuhaus sprechen, bevor er in Leverkusen endgültig untergeht? Er ist alles in einer Person: Führungsspieler, Sechser, Achter. Notfalls könnte er auch unser Innenverteidigungsproblem lösen. Nur bei uns hat er noch die Chance auf ein WM-Ticket.
Apropos Innenverteidigung: Das war bisher unser Prunkstück, doch mit möglichen Abgängen von Leite und Doekhi steht das auf der Kippe. Wahrscheinlich ist alles schon entschieden – nur wird es nicht kommuniziert. Ein Fingerzeig war der Einsatz von Nsoki für Leite in Wolfsburg. Der Verein und der Trainer wollten prüfen, ob wir schon einen Ersatz haben. Haben wir nicht. Die Anzeichen verdichten sich, dass Felix Uduokhai der neue Leite-Ersatz wird. Ihm traue ich das zu.
Doekhi ist abgesehen von Wolfsburg unser bester Innenverteidiger. Ihn im Sommer ablösefrei zu verlieren, würde richtig wehtun. Ihn gleichwertig zu ersetzen, scheint aktuell unmöglich. Ein Ersatz würde im zweistelligen Millionenbereich kosten, das werden wir nicht stemmen. Baumgart hat Kral in den Vorbereitungsspielen als Innenverteidiger getestet. Er machte seine Sache ordentlich. Es wäre nicht überraschend, wenn wir im Januar mit Kral, Querfeld und Uduokhai eine ganz neue Abwehr präsentieren. Wahrscheinlicher ist aber, dass wir Doekhi noch bis Sommer behalten. Wenn im Winter nur zwei bis drei Millionen für ihn geboten werden, bleibt er wahrscheinlich sechs Monate.
Es ist Zeit, dass Manager Heldt zeigt, dass er Union verbessern kann. Bisher kamen viele Spieler und Verlängerungen, die nur ordentliche Mitläufer sind. Wir brauchen Führungsspieler, Spieler, die etwas Besonderes können und machen. Bisher waren das unsere drei Innenverteidiger, der Keeper und der Abräumer. Wie wir schwimmen, wenn zwei der fünf Defensivspieler fehlen, haben wir gerade gesehen. Ohne einen guten neuen Stürmer und einen Top-Vorbereiter wird es schwer, die zweite Saisonhälfte in der Bundesliga zu bestehen.
Wir hatten wohl gehofft, dass Jeong und Burke neben Ilic und Ansah einschlagen würden. Das ist nicht eingetreten. Wenn dann Ansah eine Formkrise bekommt und Ilic nicht trifft, fehlt uns eben genau das. Horst, ich hoffe, du hast schon gut vorgearbeitet! Eisern.
Unionfux: Der erfahrene Unioner weiß: Wir sind gern Aufbaugegner. So geschehen vor einer Woche gegen den auswärts punktlosen Aufsteiger Heidenheim, die diesmal durch ein glückliches Tor in letzter Minute gegen Freiburg siegten, und diesmal gegen Wolfsburg, die ihren letzten Heimsieg im Januar hatten.
Alle Statistiken sprechen für uns: mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe, bessere Passquote, mehr Laufleistung, 21 zu 4 Torschüsse (6:3 aufs Tor) und 11:0 Ecken. Doch am Ende steht eine bittere 1:3 Niederlage, vor allem weil wir dreimal blitzsauber ausgekontert wurden: alle Tore schnell und technisch makellos. Zudem wurde ein weiteres Tor wegen knappem Abseits zurückgenommen.
Zweimal ließ sich Doekhi überlaufen: Nach zehn Minuten zog Wimmer außen nach innen und schoss, dann konnte Kumbedi auf links durchbrechen, legte auf Amoura ab, und wieder war Doekhi nicht in der Lage zu verteidigen, obwohl nur zwei Stürmer in unserem Strafraum standen. Zwischendurch verlor Nsoki im Mittelfeld einen Ball und fiel, wodurch Eriksen mit einem klugen Pass Majer einsetzen konnte. Das wirkte alles sehr leicht, dazu kamen das zurückgenommene Abseitstor und zwei Rettungstaten von Trimmel und Rönnow in höchster Not. Von uns kam bis dahin nur ein Querfeld-Kopfball an die Latte.
Erst nach dem Abseitstor wachten wir auf, legten Fahrt zu und trafen durch Nsoki, wenn auch etwas glücklich, da der Schuss abgefälscht wurde. Wolfsburg wurde nervös, doch wir konnten keine große Torgefahr erzeugen, selbst ein klarer Elfmeter wurde uns nach über 80 Minuten verweigert. Kurz vor Schluss gab es dann doch einen. Querfeld trat an, schob aber schwach und der Keeper parierte sicher – die Suche nach einem sicheren Elfmeterschützen geht also weiter.
Die vierzehnminütige Nachspielzeit brachte nichts mehr. Wolfsburg gewann aufgrund der größeren Effizienz, weil wir zu spät reagierten und unser Angriffsspiel zu sehr auf Zufall beruhte. Genaue Flanken oder Pässe waren selten, unsere Kopfballstärke kaum vorhanden, und Glück hatten wir auch nicht. Kumbedi hätte eigentlich die Ampelkarte sehen müssen. Dazu kamen Fehler von Nsoki bis Querfeld – fertig war die Niederlage, trotz aller Statistik.
So sind wir zurück im Abstiegskampf, wenn auch noch nicht tief drin. Unsere Probleme bleiben ungelöst. In der Winterpause muss gehandelt werden. Nächsten Freitag kommt Leipzig – gerade haben sie Frankfurt mit sechs Toren weggehauen. Unsere Heimstärke ist seit langem verloren, aber gegen die Großen der Liga tun wir uns meist leichter als gegen den Rest.
Unionfux: Kein Zweifel, wir haben den Bayern erneut einen beeindruckenden Fight geliefert. Dass sie zum knappen Sieg Mittel einsetzten, spricht Bände. Doch trotz Stolz dürfen wir nicht vergessen, dass Ballgewinne nichts wert sind, wenn sie durch ungenaue Pässe (nur 65 Prozent Passquote!) und schwache Ballannahmen sofort verschenkt werden. Sonst hätten wir die Bayern wohl sogar schlagen können, trotz zweier höchst unglücklicher Eigentore.
Doch wir waren nicht in der Lage, den angeschlagenen Gegner endgültig zu besiegen, auch da aus dem Spiel heraus zu wenig gelang. Querfelds Kopfball kurz vor Schluss war die beste Chance, einige Versuche von Schäfer und Ansah waren gut, aber Neuer ist ein Weltklasse-Keeper. Die späten Einwechslungen, etwa von Juranovic oder Köhn, hätten vielleicht noch Dynamik gebracht – vielleicht wollte man aber den Kader schonen, da wir zusammen mit dem Meister die kürzeste Regenerationszeit aller Pokalteilnehmer hatten.
Rönnow sah bei den ersten beiden Toren unglücklich aus, doch zuvor wurde er von Haberer mit einem schlechten Rückpass in Bedrängnis gebracht, der zu einem unnötigen Eckball führte. Unsere Passqualität muss besser werden, wenn wir in Wolfsburg bestehen wollen. Trainer Baumgart kann Fragen nicht einfach abtun – das fällt in seinen Aufgabenbereich. Wie kann es sein, dass Profis bei wenig Druck so ungenau passen?
Wir dürfen nicht wieder die zweite Halbzeit komplett abgeben, wie zuletzt in Hamburg oder gegen Heidenheim. Gegen die Bayern hatten wir sogar eine Ballbesitzquote von über 50 Prozent – bei einer der stärksten Mannschaften Europas. Vielleicht lag das an der Führung, die wir nicht gefährden wollten und dadurch selbst gefährdeten? Viele Fragen bleiben: Werden Burke und Ilic, die gegen Bayern nicht im Kader waren, wieder starten? Findet Ansah vor der Winterpause zurück? Schießt Skarke noch ein Tor? Bekommen Nsoki und Burcu endlich eine echte Chance? Und wer ersetzt den gelbgesperrten Khedira? Wahrscheinlich Kral, der dann mit Schäfer und Kemlein das Mittelfeld bilden wird. Trimmel oder Juranovic? Oder beide?
Es wird erneut eine schwere Aufgabe. Seit dem letzten Heimspiel ist klar: In unserer Form gibt es keine leichten Gegner. Doch Optimismus bleibt angebracht. Mit frischem Mut nach Wolfsburg!
Icke: Ein außergewöhnliches Spiel. Am Ende gewinnt Bayern mit 3:2 gegen Union, doch verdient ist das nur bedingt. Wir spielten gegen eine der besten Mannschaften der Welt und erreichten mit unseren Mitteln das Maximum.
Zwei Elfmeter, zwei Eigentore und ein Trainer, der kurz vor Schluss zwei Innenverteidiger brachte, um das Ergebnis zu sichern – das ist bemerkenswert. Neuer bekam sogar eine Gelbe Karte, weil er Zeitspiel betrieb.
Die erste Halbzeit war ausgeglichen, allerdings unglücklich für Union. In der 12. Minute unterlief Ansah ein Eigentor, völlig unbedrängt. Als dann Kane in der 24. Minute das 2:0 erzielte, schien die Partie gelaufen. Doch Querfeld traf in der 40. Minute per Elfmeter zum 1:2, und in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit verursachte Leite ein Eigentor zum 3:1.
Union kam kämpferisch aus der Pause und drückte. Querfeld verwandelte einen Elfmeter sicher zum 2:3, und wir hatten noch Chancen, doch der Fußball-Gott spielte nicht mit. Die Bayern ließen das Ergebnis dann über die Zeit retten, parkierten ihren Bus und spielten Zeit herunter.
Union zeigte erneut ein starkes Spiel gegen den Rekordmeister, Mentalität und Kampfgeist überzeugten. Wir gehen erhobenen Hauptes vom Platz – Union lebt! Eisern.
Icke: Die Überschrift ist natürlich ein Scherz, doch gegen Bayern zeigte Union in der Bundesliga sein bestes Saisonspiel. Kombinationen, Chancen, stabile Abwehr – all das war zu sehen. Schaffen wir das noch einmal?
Das letzte Spiel gegen Heidenheim ignoriere ich bewusst – ein Tiefpunkt. Die Profis haben etwas gutzumachen. Was eignet sich besser als ein Pokalspiel gegen die beste deutsche Mannschaft? Keiner erwartet etwas – also können wir nur gewinnen.
Bayern hatten zuvor eine unglaubliche Siegesserie. Dann kam Union und nahm ihnen den ersten Punkt. Dabei hätten wir sogar gewinnen können. Danach zeigte Arsenal ihnen Grenzen auf und gewann verdient. Nun sind wir wieder dran.
Bayerns letzte vier Spiele: Nach uns gewannen sie gegen Freiburg mit 6:0, verloren gegen Arsenal, und gegen St. Pauli spielten sie unentschieden. Jetzt steht wieder Union vor ihnen, mit „Derrick“ Köhn, der seinen Namen von der TV-Serie bekam. Ob er gegen Bayern in der Startelf steht, entscheidet der Trainer. Es ist Pokal – alles ist möglich. Spieler und Teams wachsen über sich hinaus. Stadien verwandeln sich, Einwechselspieler zeigen ihr bestes Spiel. Wir wollen das sehen. Eisern.
Unionfux: Nur zwei Torschüsse, eine schlechte Zweikampfbilanz, schwache Passquote, weniger Ballbesitz und in den letzten Spielminuten völlig konfus – und das gegen den auswärts punktlosen Tabellenletzten Heidenheim. Da fehlen einem die Worte. Aus fünf Bundesligaspielen gegen Heidenheim holten wir nur einen Punkt, selbst gegen Bayern hatten wir mehr. „Angstgegner“ als Erklärung reicht nicht.
Was hat der Trainer vor und während des Spiels gesagt? War das seine Vorgabe, in der zweiten Hälfte passiv zu werden, kaum noch Angriffe zu starten und zwei spielentscheidende Fehler gegen einen Gegner mit ähnlicher Qualität zu machen? Oder hört die Mannschaft nicht mehr auf ihn?
Spielerisch und taktisch ist die Mannschaft schnell überfordert. Wir begannen zäh, mit wenig Ideen, Burke wurde häufig gesucht, kam aber selten zum Ball und scheiterte meist. Die zehn Minuten vor der Pause waren ansehnlich, doch die Führung lähmte uns eher.
Die Mannschaft wirkt mutlos, orientierungslos, zahm, das Mittelfeld verliert den Ball zu oft, die Gegner nutzen Räume, wir haben keine Dynamik, Präzision oder Laufwege. Technische Mängel verhindern erfolgreiche Eins-gegen-eins-Situationen. Freistöße vor dem Strafraum gibt es kaum. Unsere Standards sind harmlos, wir bekommen keine Ecken im entscheidenden Bereich und trotzen selbst einem Zweitligisten kaum. Trainer Baumgart hat keine Lösung gefunden.
Solange sich hier nichts ändert, bleiben solche Spiele die Regel. Natürlich bietet Union keinen Hurra-Fußball der Spitzenklasse, aber solche Leistungen sind schlicht zu wenig. Baumgart muss sich Fragen gefallen lassen, ob er einen Plan hat. In diesem Spiel war davon wenig zu sehen – eine zögerliche, enttäuschende Mannschaft, die weit unter ihren Möglichkeiten blieb. So endet eine frustrierende Heimniederlage ohne Entschuldigung.
Unionfux: Es wird viel diskutiert über das vermeintlich einfache Heimspiel gegen Heidenheim, das auswärts noch ohne Punkt ist und aus den letzten sechs Partien nur zwei Punkte holte.
Wir haben bisher gegen Heidenheim nur ein Unentschieden erreicht und ansonsten zu null verloren – ein echter Angstgegner also. Die Favoritenrolle liegt bei uns, auch wenn wir sie selten annehmen. Aber Wettquoten sprechen eine klare Sprache.
Unser sparsames Mittelfeld wird es schwer haben, unsere Stürmer in Szene zu setzen. Ich würde eher mit Jeong als mit Burke beginnen, da Jeong besser gegen tiefstehende Gegner dribbeln kann. Lange Bälle helfen selten, ebenso wenig wie Burke bisher gezeigt hat. Derrick Köhn sollte endlich seine Flankenkünste zeigen. Es wird Zeit für Skarkes erstes Tor gegen seinen Ex-Verein. Haberer wartet noch auf einen Fernschuss-Treffer.
Wir haben mit Burcu und Bogdanov noch Optionen auf der Bank – Potential ist da, es muss nur abgerufen werden. Wenn das gelingt, sollten wir Heidenheim klar besiegen und etwas gelassener in die Saisonendphase gehen. Konzentration, Willen und Selbstbewusstsein sind gefragt. Wenn Doekhi noch einen Doppelpack legt – umso besser!
Wir holen den ersten Bundesligasieg gegen Heidenheim – ohne Wenn und Aber. Auf geht’s!
Icke: Wenn Bundesligisten sich im Januar verstärken wollen, müssen die Gespräche früh beginnen. Was macht Union? Gehen Leite und Doekhi? Holt man Ersatz von außen oder versucht man interne Lösungen? Kommt endlich ein Spielmacher (8er oder 10er)? Stimmt das Gerücht um Awoniyi?
Nach außen dringt wenig durch, es gibt nur Gerüchte um den österreichischen Nationalspieler Lazaro – der rechte Außenbahnspieler ist. Aber Trimmel und Juranovic sind gesetzt, ebenso hat Haberer schon auf der Position gespielt. Junioren-Nationalspieler Prosche will sich dort durchsetzen. Eine Verpflichtung von Lazaro wäre daher wenig sinnvoll.
Ist Jeremiah St. Juste ein Thema als Ersatz für Doekhi? Er ist bei Sporting außen vor und 29 Jahre alt. Auch er wäre kein Leite-Ersatz, da wir einen Linksfuß brauchen. Wir beobachten offenbar auch Diamande weiter – ein vages Gerücht.
Awoniyi könnte in Bremen ein Thema sein, bei guter Gesundheit wäre er Stammspieler bei uns. Wahrscheinlich nur eine Leihe mit Kaufoption. Dann müssten wir uns von einem Stürmer trennen – vermutlich Ljubicic, der keine Einsatzzeit bekommt. Bochum zeigte Interesse an ihm. Ein guter Manager hat solche Deals wohl schon vorbereitet.
Unionfux: Am 13. November gab Union überraschend bekannt, dass Chefscout und ehemaliger Manager Oliver Ruhnert nach achteinhalb Jahren mit sofortiger Wirkung den Verein verlässt. Solch ein plötzlicher Abschied deutet auf Streit oder ein lukratives Angebot hin. Gerüchte besagen, dass Ruhnert zum FC Schalke zurückkehren könnte.
Doch diesmal ist es anders: Ruhnert kandidiert als Generalsekretär beim Bundesverband Sozialdemokratischer Wählervereinigungen (BSW) und wird voraussichtlich gewählt. Die Partei ist jung und kämpfte knapp um den Einzug in den Bundestag. Die ehemalige Vorsitzende Sahra Wagenknecht sprach von einem Königstransfer.
Ruhnerts politisches Engagement ist nicht neu – er saß für die Linke im Stadtrat Iserlohn und wollte Bundestagsabgeordneter für das BSW werden. Er hat stets Sport und Politik getrennt.
Mit seinem Abschied endet eine Ära, fast genau zwei Jahre nach der überraschenden Trennung von Urs Fischer, die durch eine lange Niederlagenserie geprägt war. Ruhnert steht symbolisch für die bisherige Erfolgsgeschichte mit dem Aufstieg in die Bundesliga, Europa-League- und Champions-League-Qualifikation. Eine kluge Transferpolitik brachte Schlüsselspieler wie Gentner, Becker, Andrich, Awoniyi, Knoche, Kruse und Hollerbach sowie noch aktive Spieler wie Khedira, Leite, Doekhi und Rönnow.
Früher schien Ruhnert unfehlbar, doch in den letzten Jahren häuften sich teure Fehleinkäufe wie Puchacz, Möhwald, Öztunali und andere. Dabei haben auch Fehleinschätzungen wie bei Leweling und Asllani Geld gekostet.
Fehler gehören zum Geschäft, doch die Glücksgriffe werden immer seltener. Ruhnert wirkte zuletzt weniger engagiert, oft schon gedanklich bei seiner politischen Karriere. Dass er freiwillig wieder Chefscout wurde, war wohl ein Versuch, an das frühere Niveau anzuknüpfen.
Ob es klug war, zurückzukehren, bleibt offen. Die Trennung geschieht freundschaftlich. Seine Verdienste um Union sind unbestritten, sein Nachfolger muss erst beweisen, dass er es besser macht. Zukünftig wird der Verein eher ums Überleben in der Liga kämpfen – Ruhnert wird sich auf seine politische Aufgabe konzentrieren müssen.
Danke, Oliver, für achteinhalb Jahre bei uns. Wir sind froh, dass du nicht für einen unserer sportlichen Konkurrenten arbeitest. Viel Erfolg und Freude bei deinem neuen Weg – man sieht sich!