Union-Berlin-Blog: Heimsieg mit entscheidenden Akteuren – Rönnow und Ansah im Fokus
Berlin – Bei TAG24 veröffentlicht ein Team aus drei echten Berliner Fußballliebhabern den Union-Berlin-Blog.
Das Team hinter dem Blog:
Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der 1970er-Jahre leidenschaftlicher Union-Fan und arbeitet seit über 30 Jahren im Vertrieb als Betriebswirt. Er ist verheiratet, Vater eines erwachsenen Kindes und wohnt heute in Grünheide. Icke ist der Gründer dieses Blogs.
Unionfux (Tobias Saalfeld) unterstützt Union seit mehr als 40 Jahren. Als freier Autor ist er in Theater, Radio und Fernsehen tätig und schreibt auch hier.
Beecke (Christian Beeck), ehemaliger Bundesligaprofi (Hansa Rostock, Energie Cottbus) und Ex-Union-Manager, absolvierte 21 Länderspiele für DDR-Junioren und stammt aus Unions eigener Jugend. Beecke ist Vater von zwei Kindern und berät das Blogteam.
Unionfux: 25 % Ballbesitz bei nur etwa 60 % Passgenauigkeit (im Vergleich: die Gegner erreichen beeindruckende 89 %) – und dennoch gelingt uns ein verdienter Auftaktsieg gegen den favorisierten VfB Stuttgart. Zwar spielerisch nicht überzeugend, aber mit Herz, Disziplin und zwei Spielern, die den Unterschied ausmachten: Ilyas Ansah beeindruckte mit einem Traumdebüt, erzielte zwei tolle Tore. Bereits nach 18 Minuten traf er aus etwa 20 Metern zum linken Innenpfosten – umringt von mehreren Stuttgartern – unhaltbar. Kurz vor der Halbzeit verwandelte er eine präzise Flanke von Ilic volley durch die Beine des Stuttgarter Keepers – nahezu perfekt.
Der 20-Jährige Neuzugang agierte agil, ballgewandt und kämpferisch stark, ließ im Verlauf der zweiten Halbzeit jedoch etwas nach und wurde durch Burke ersetzt.
Matchwinner Nummer zwei war erneut Frederik Rönnow: Ob bei Chabots Kopfball in der 12. Minute, Lewelings Schuss in der 30. Minute oder Karazors Chance kurz vor der Pause – unser Torhüter zeigte sich nahezu unüberwindbar, fing zahlreiche Flanken ab. Genau so einen Schlussmann braucht man, um in solch einem Spiel zu bestehen.
In der zweiten Hälfte drückte Stuttgart ordentlich, wir konnten uns kaum befreien und ließen Chancen ungenutzt – beispielsweise einen Kopfball von Querfeld aus einer Ecke. Doch unsere Mannschaft verteidigte kompromisslos. Neben einem Gewaltschuss von Mittelstädt, den Rönnow parierte, und einem Kopfball von Undav, der an die Latte klatschte, fiel in der Schlussphase das Anschlusstor von Tiago Tomas, der eine Flanke per Hacke an den Innenpfosten zirkelte – bei dem unser Däne machtlos war.
In der hektischen Schlussphase schoss Stuttgart-Star Woltemade in der 80. Minute den vermeintlichen Ausgleich – der glücklicherweise wegen einer knappen Abseitsstellung aberkannt wurde, bestätigt vom Schiedsrichter und VAR. So blieb es beim verdienten Heimsieg, der vor allem durch Leidenschaft, Konzentration, Kampfgeist und eine geschlossene Teamleistung errungen wurde, aus der die beiden herausragenden Spieler besonders hervortraten.
Die spielerische Klasse Stuttgarts kam selten zum Ausdruck, trotz zahlreicher Offensivspieler. Wir setzten unsere Mittel gegen den eigentlich überlegen geführten Gegner optimal ein. Glück war ebenfalls auf unserer Seite, ergänzt durch die besondere Atmosphäre der Alten Försterei. Kritik? Vielleicht fehlen uns noch Fußballer, die präzise und tödliche Pässe spielen können, um die seltenen Offensivaktionen noch effektiver zu gestalten. Zwar waren wir an diesem Tag schon sehr effektiv – aber Ansah kann eben nicht in jedem Spiel gleich zweimal treffen. Es bleibt noch Zeit, um auf dem Transfermarkt weitere Unterschiedsspieler zu verpflichten – was sicherlich hilfreich wäre, gerade wenn wir offensiv mehr Initiative ergreifen müssen.
Erst einmal freuen wir uns über die wichtigen drei Punkte zum Saisonstart, besonders angesichts der berechtigten Skepsis vor dem Spiel. Ohne etwas Optimismus geht es in dieser Saison wohl nicht – ein bisschen Vertrauen gehört einfach dazu, oder?
Unionfux: Während die Zukunft von Doekhi und insbesondere von Diogo Leite noch ungewiss ist, hat Josip Juranovic seinen Vertrag wohl bis 2028 verlängert. Das freut mich persönlich sehr, denn ich schätze unseren kroatischen Nationalspieler sehr, der in seiner ersten Halbserie bei uns viel Qualität zeigte.
Allerdings sind die nackten Zahlen der letzten zwei Jahre eher ernüchternd: Nur 38 von 68 Spielen, kein Tor, ein verschossener Elfmeter und drei Vorlagen – zwei davon beim Auswärtssieg in Darmstadt 2023, dem letzten Spiel der Urs-Fischer-Ära. Für einen Spieler, der uns rund neun Millionen kostete und zeitweise gar zwölf Millionen wert war, ist das zu wenig. Da müssen vor allem bei Standards und insgesamt deutlich mehr kommen. In unserem Team gibt es leider zu viele, die sich im Mittelmaß eingerichtet haben, selten ihr Limit ausschöpfen und kaum Fortschritte zeigen. Hoffentlich nutzt Josip Juranovic die nächsten drei Jahre, um uns und sich selbst positiv zu überraschen – das wäre großartig.
Er könnte bereits morgen gegen den VfB Stuttgart starten, und der Heimauftakt sollte ein Hinweis darauf sein, wohin die Reise gehen kann – idealerweise ins sichere Mittelfeld der Bundesliga.
Stuttgart ist kein leichter Gegner, hat in den letzten Jahren mit Eintracht Frankfurt den größten Sprung in Kader und Leistung gemacht. Doch wir haben viel gelernt und wissen: Es gibt keine leichten Gegner in dieser Liga, und vermeintlich machbare Aufgaben sind oft die schwierigsten. Der Auftaktgegner passt also gut.
Wahrscheinlich werden wir nicht das Spiel machen müssen – das kommt uns eher entgegen. Jetzt kann die Mannschaft zeigen, ob das von Baumgart bevorzugte Umschaltspiel schon funktioniert. Mit der nötigen Effektivität wäre das großartig.
Diogo Leite wird nicht dabei sein, er möchte und soll gehen, bei Doekhi soll Besiktas Istanbul Interesse haben – Anfang übernächster Woche wissen wir mehr. Gespannt darf man auf Köhn, Ansah, N’soki und Burke sein, wer von den vier Neuzugängen starten wird und wer von der Bank kommt. Das Wetter wird mild und feucht, eine Hitzeschlacht bleibt uns erspart. Ich glaube an die ersten drei Punkte – alles andere wäre eine Überraschung. Auf geht’s, eisern!
Icke: Ist heute ein besonderer Tag? Ja 😊 … Vor zwanzig Jahren feierte Union den legendären 8:0-Sieg am 3. Spieltag der Oberliga Berlin gegen „Mielkes Erben“, wie die Fans des Gegners damals genannt wurden. Ja, Ihr habt richtig gelesen: Union spielte damals noch in der Oberliga des NOFV. Seitdem ging es glücklicherweise für uns stetig bergauf, während die anderen Vereine im Amateurfußball stecken blieben. Bei sommerlichen 28 Grad und Sonnenschein herrschte ausgelassene Stimmung, ich war live dabei und habe diese Zeit in bester Erinnerung.
Doch nicht alle waren glücklich: 180 überwiegend gewaltbereite Hooligans wurden in der Nacht vor dem Spiel in der Diskothek Jeton in der Frankfurter Allee von der Polizei festgenommen – sie hatten vor, bei Union Straftaten zu begehen, hauptsächlich Körperverletzungen. Die schlimmsten Rädelsführer wurden so aus dem Verkehr gezogen. Nach den acht Toren hatte der Rest wohl keine Lust mehr und zog gedemütigt ab.
Das Spiel spiegelte die klare Überlegenheit wider: Union dominierte die Gäste und spielte sie regelrecht schwindlig. Vor dem Anpfiff gab es eine amüsante Szene, als der gegnerische Pressesprecher mit hoher Stimme zu seinen Fans sprach – was angesichts seiner Glatze für viele Unioner zum Lachen führte.
Die Helden auf dem Platz waren: Glinker – Persich, Bergner, Ruprecht – Kaiser, Heinrich – Bönig, Mattuschka, Kurbjuweit – Benyamina, Grubert. Eingesetzt wurden noch Wunderlich, Prokoph und Kovulmaz. Zur Halbzeit stand es „nur“ 2:0 durch zwei Tore von Mattuschka. Danach erhöhte Grubert auf 3:0 und 4:0. Für „Mielkes Erben“ wurde es ernst, als Karim Benyamina noch drei Tore beisteuerte und auch Ex-Nationalspieler Jörg Heinrich sich mit einem Treffer zum 6:0 eintrug.
Die „besonderen“ Spieler machten den Unterschied – dazu gehörten der Champions-League-Sieger und Weltpokalsieger Jörg Heinrich, der damals von Christian Beeck zu Union gelotst wurde, sowie „Tusche“ (Torsten Mattuschka) und Karim Benyamina, die ebenso von Beecke verpflichtet wurden. Mattuschka glänzte als Regisseur und Torschütze, Benyamina hörte nach seinem Trefferreigen nicht mehr auf.
Dieses Spiel bleibt unvergesslich. Wer dabei war, kann stolz sein. Wer nicht, wird es wahrscheinlich immer bereuen. Die Feierlichkeiten gingen in ganz Berlin weiter, Fremde feierten gemeinsam. Ich ging mit meinem Sohn zufrieden nach Hause und gönnte mir noch ein Bier im Garten. Eisern.
Unionfux: Überraschend, aber nicht unverdient: Linksverteidiger Derrick Köhn wechselt für vier Millionen Euro von Galatasaray Istanbul zu uns, dazu kommen bis zu 500.000 Euro Boni und eine Weiterverkaufsbeteiligung zwischen 10 und 20 Prozent, abzüglich zwei Millionen. Ein Grund für den Wechsel ist offenbar die Ausländerbegrenzung in der türkischen Liga, der Köhn zum Opfer fiel. Werder Bremen wollte den schnellen Außenbahnspieler, der letzte Saison zu den 25 schnellsten der Liga gehörte, verpflichten, besaß sogar eine Kaufoption über rund fünf Millionen Euro, lehnte aber offenbar aus Kostengründen ab. Ähnlich war es wohl mit dem 1. FC Köln, der auch nicht genug bot.
Köhn erhält bei uns einen Vierjahresvertrag, obwohl offiziell nur von drei Jahren die Rede war. Der Verein schweigt sich dazu aus – man kann also eine Variante aussuchen.
Ist diese Verpflichtung ein Vorgriff auf den Abgang von Diogo Leite? Soll die Außenbahn offensiver gestaltet werden, um die Stürmer besser zu bedienen? Burke auf der einen Seite, Köhn auf der anderen – das wäre eine enorme Geschwindigkeit, die wir für unser Umschaltspiel dringend brauchen und die zuletzt fehlte.
Positiv ist, dass es keine Eingewöhnungsprobleme geben dürfte, Köhn bringt Erfahrung aus Hamburg und Bayern mit, und unsere letzte Verpflichtung aus Istanbul (Max Kruse) hat sich trotz eines schmerzhaften Winter-Abgangs bewährt. Ein neuer Kruse wäre ideal, allerdings eher unrealistisch.
Köhn wird wohl zunächst keine Begeisterung bei den Fans hervorrufen, aber es gibt Gründe für Optimismus. Wirklich einschätzen kann man das erst in einem halben Jahr. Für teure Transfers fehlt uns das Geld, daher ist es ein interessanter Deal. Die letzte Saison in Bremen war durchwachsen, aber es besteht noch viel Entwicklungspotenzial. Ob Köhn gegen Stuttgart im Kader steht, ist offen. Gesichert ist, dass Frederik Rönnow nach seinem Hitzekollaps fit ist und voraussichtlich spielen wird. Das wird auch nötig sein, denn Rönnow ist unser bislang einziger echter Unterschiedsspieler. Die Temperaturen am Samstag bleiben mild, es ist keine Hitzeschlacht zu erwarten. Ich bin zuversichtlich, dass wir die ersten drei Punkte holen. Eisern!