Union-Berlin-Blog: Aufbaugegner Teil 2 – Niederlage gegen effiziente Wolfsburger
Berlin – Eisern: Der Union-Berlin-Blog bei TAG24 entsteht in einer Personal-Union von drei überzeugten Berliner Fußballfans, die den Verein leidenschaftlich begleiten.
Über die Autoren:
Icke (Jürgen Heinemann) ist seit Mitte der 70er Jahre Union-Fan und arbeitet seit über 30 Jahren im Vertrieb als Betriebswirt. Er ist verheiratet, hat ein erwachsenes Kind, lebt heute in Grünheide und ist Gründer dieses Blogs.
Unionfux (Tobias Saalfeld) unterstützt Union seit über 40 Jahren, arbeitet als freier Autor für Bühne, Funk und Fernsehen und schreibt ebenfalls hier.
Beecke (Christian Beeck) ist ehemaliger Bundesliga-Profi (Hansa Rostock, Cottbus), war Manager bei Union, absolvierte 21 Länderspiele für DDR-Junioren und stammt aus dem eigenen Union-Nachwuchs. Er hat zwei Kinder und wirkt im Blog als Berater mit.
Unionfux: Der erfahrene Fan sieht leider bestätigt, was sich wieder einmal zeigt: Union ist zu oft Aufbaugegner. So geschehen letzte Woche gegen punktlose Heidenheimer, die mit einem späten Glückstor gegen Freiburg gewannen. Nun mussten wir gegen Wolfsburg ran, die zuletzt im Januar zuhause siegten. Die Statistiken sprechen für uns: mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe, bessere Passquote, mehr Laufleistung sowie beeindruckende 21:4 Torschüsse (6:3 aufs Tor) und 11:0 Ecken. Trotzdem resultierte eine bittere 1:3 Niederlage, vor allem weil wir dreimal nach Kontern überwunden wurden – alle Treffer schnell und technisch sauber herausgespielt, hinzu kam ein vierter Treffer, der wegen minimaler Abseitsstellung aberkannt wurde.
Zweimal ließ sich Doekhi ausspielen: Nach zehn Minuten zog Wimmer von außen zur Mitte und schloss ab, dann ließ Kumbedi auf links durch, legte auf Amoura ab, und wieder war Doekhi gegen den Torschuss machtlos, obwohl nur zwei Angreifer im Strafraum standen. Zudem verlor Nsoki im Mittelfeld einen Ball und fiel, so dass Eriksen mit einem cleveren Pass Majer bedienen konnte. Das alles wirkte simpel, dazu kamen das zurückgenommene Abseitstor und zwei Rettungstaten von Trimmel und Rönnow in höchster Not. Auf unserer Seite gab es bis dahin nur einen Kopfball von Querfeld, der an die Latte ging.
Erst nach dem zurückgenommenen Tor wachte Union richtig auf, legte Passivität ab und erhöhte die Schlagzahl. Nsoki traf bei seinem Startelfdebüt, wenn auch etwas glücklich, da sein Schuss abgefälscht wurde. Doch Wolfsburg wurde nervöser, wir drückten weiter, konnten aber kaum Torgefahr erzeugen. Ein möglicher Elfmeter nach gut 80 Minuten wurde uns verweigert. Kurz vor Ende gab es dann doch einen Strafstoß für Union, als Koulierakis Ilic das Trikot halb auszog. Leider scheiterte Querfeld, der sonst zweimal gegen Neuer sicher war, beim Elfmeter an Wolfsburgs Keeper Grabara, der den schwach geschossenen Ball parierte. So bleibt die Suche nach einem sicheren Elfmeterschützen bestehen.
Die über 14 Minuten Nachspielzeit brachten keinen Erfolg, obwohl Union unermüdlich weiterkämpfte. Wolfsburg siegte aufgrund ihrer großen Effizienz, da wir zu spät aufwachten (ein 0:3 Rückstand ist schwer aufzuholen). Unser Angriff war zu sehr vom Zufall abhängig, präzise Flanken und Pässe kamen zu selten, unsere Kopfballstärke wurde kaum genutzt – und auch das Glück war nicht auf unserer Seite. Kumbedi hätte in der ersten Halbzeit eigentlich Gelb-Rot sehen müssen. Hinzu kamen einige Fehler von Nsoki bis Querfeld – und so stand am Ende die erneute Niederlage, trotz guter Statistiken.
Damit ist Union wieder im Abstiegskampf angekommen, wenn auch noch nicht tief drin. Die Probleme bleiben bestehen, und in der Winterpause muss über Veränderungen nachgedacht werden. Nächsten Freitag kommt Leipzig, die gerade Eintracht Frankfurt mit 6 Toren besiegten. Unsere Heimstärke ist seit längerem kaum vorhanden. Vielleicht ist Leipzig aber gerade der richtige Gegner, denn die brauchen wir vermutlich nicht aufbauen …
Unionfux: Ohne Zweifel war der Kampf gegen die Bayern beeindruckend. Dass die Münchner nur mit Mittel zum knappen Sieg kamen, spricht Bände. Doch der Stolz darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ballgewinne nichts nützen, wenn man sie sofort mit ungenauen Pässen (nur 65 % Passquote!) oder schwacher Ballannahme wieder verschenkt. Sonst hätten wir die Bayern wohl geschlagen, trotz zweier äußerst unglücklicher Eigentore – etwas, das wir so bisher kaum erlebt haben.
Wir konnten den angeschlagenen Gegner aber nicht zu Boden bringen, da aus dem Spiel heraus zu wenig gelang. Querfelds Kopfball kurz vor Schluss war eine Ausnahme, und auch die Versuche von Schäfer und Ansah waren für einen Neuer kein Problem. Trotz allem waren es die Bayern, die spielerisch dominieren. Die späten Wechsel, wie etwa Juranovic oder Köhn, hätten mehr Dynamik bringen können, aber vielleicht wollte man den Kader schonen – immerhin hat Union zusammen mit dem Meister die kürzeste Regenerationszeit aller Pokal-Bundesligisten.
Zwar sah Rönnow bei den ersten beiden Gegentoren unglücklich aus, doch ist er vor dem ersten Tor deutlich gestoßen worden. Das zweite Tor entstand auch wegen eines unnötigen Eckballs durch Haberer, der seinen Keeper mit einem schlechten Rückpass unter Druck setzte.
Unsere Passqualität muss dringend verbessert werden, wenn wir am Samstag in Wolfsburg bestehen wollen – ja, wenn wir überhaupt gut durch die Saison kommen wollen. Trainer Baumgart kann diese Themen nicht einfach vom Tisch wischen. Wie ein alter Werbeslogan sagt: "Mühe allein genügt nicht." Es muss auch Konzentration und Können hinzukommen. Es bleibt rätselhaft, wie Profis trotz wenig Druck so ungenau passen können – und das bei Pässen ohne großen Gegnerdruck.
Vor allem dürfen wir die zweite Halbzeit nicht wieder komplett verlieren, wie zuletzt in Hamburg oder gegen Heidenheim. Gegen Bayern hielten wir das immerhin, konnten sogar über 50 % Ballbesitz verzeichnen – gegen eine der stärksten Mannschaften Europas! Liegt es vielleicht an der Führung, die wir nicht riskieren wollen, und gefährden sie dadurch doch? Fragen bleiben: Werden Burke und Ilic, die gegen Bayern nicht im Kader standen, wieder starten? Kommt Ansah vor der Winterpause noch zurück? Schießt Skarke endlich ein Tor? Erhalten Nsoki und Burcu eine echte Chance? Und wer ersetzt Khedira, der nach seiner fünften Gelben gesperrt ist? Wahrscheinlich wird Kral neben Schäfer und Kemlein das Mittelfeld bilden. Trimmel oder Juranovic? Vielleicht sogar beide?
Dass wir erneut vor einer schwierigen Aufgabe stehen, ist klar. Seit dem letzten Heimspiel ist wieder unmissverständlich klar: In unserer aktuellen Verfassung gibt es keine leichten Gegner. Aber gegen Wolfsburg konnten wir im Februar 2023 schon mal einen Punkt holen, damals als Tabellendritter. Trotz allem gilt: Optimismus ist angesagt. Mit frischem Mut nach Wolfsburg!
Icke: So ein Spiel erlebt man selten: Am Ende steht Bayern München als Sieger mit 3:2 beim 1. FC Union. Der Sieg war nicht uneingeschränkt verdient, denn Union trat gegen eine der besten Mannschaften der Welt an und erreichte mit überschaubaren Mitteln das Maximum.
Das Spiel prägten zwei Elfmeter, zwei Eigentore und ein Bayern-Trainer, dessen Hose kurz vor Schluss schon rutschte. Wann hat zuletzt ein Bayern-Trainer kurz vor Spielende zwei Innenverteidiger eingewechselt, um den knappen Sieg über die Zeit zu retten? Neuer, der Bayern-Torwart, erhielt zudem eine Gelbe Karte, da er Zeitspiel betrieb. Mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen.
Die erste Halbzeit war ausgeglichen, doch für Union unglücklich. Bereits in der 12. Minute unterlief Ansah ein Eigentor, völlig unbedrängt schoss er ins eigene Tor – ein Aussetzer. Als Kane in der 24. Minute das 2:0 erzielte, schien das Spiel entschieden. Doch Querfeld verwandelte in der 40. Minute einen berechtigten Elfmeter zum 1:2. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit (45.+4) schenkte Leite nach einem Abschlag von Rönnow ins leere Tor ein Eigentor. Das 3:1 zur Pause war eigentlich schon eine Vorentscheidung.
Doch Union kam mit viel Energie aus der Kabine, das Stadion tobte. Bereits in der 56. Minute gab es einen weiteren Elfmeter, den Querfeld sicher verwandelte – das 2:3 weckte neue Hoffnungen.
Union drückte, kämpfte und rannte. Kurz vor Schluss verfehlte Querfeld mit einem Kopfball nur knapp den Pfosten. Die Chancen hatte sich Union erarbeitet, doch der Fußballgott spielte nicht mit. Die Bayern verteidigten mit zwei zusätzlichen Innenverteidigern und zeigten Zeitspiel.
Zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen lieferte Union dem Rekordmeister ein herausragendes Spiel. Nach dem Abpfiff jubelten Kimmich und Co. als hätten sie den Pokal gewonnen – sie wussten warum. Union verließ das Feld erhobenen Hauptes. Diese Leistung gilt es zu kompensieren. Union lebt! Eisern.
Icke: Der Titel ist natürlich scherzhaft gemeint, aber im Bundesliga-Duell gegen Bayern zeigte Union sein bestes Saisonspiel. Ein User aus dem Union-Forum überraschte mit diesem witzigen Wortspiel. Kombiniert aus guten Kombinationen, Chancen und stabiler Abwehr gab es zuletzt kaum Vergleichbares An der Alten Försterei gegen die Bayern. Schaffen wir das nochmal?
Das letzte Bundesligaspiel gegen Heidenheim ignoriere ich besser. Das war ein Tiefpunkt und sollte das Team eigentlich wachrütteln. Die Mannschaft hat bei den Fans etwas gutzumachen. Was gibt es Besseres als ein KO-Pokalspiel gegen die beste deutsche Mannschaft? Niemand erwartet viel von uns, also können wir nur gewinnen.
Die Bayern hatten eine unglaubliche Serie, dann holte Union einen Punkt und hätte sogar einen Sieg holen können. Ein bisschen Bayern-Dusel sorgte für das Remis. In der Champions League zeigte Arsenal ihnen Grenzen auf und gewann verdient. Nun sind wir wieder am Zug. Beide Teams haben noch etwas gutzumachen.
Die letzten vier Spiele des FC Bayern im Überblick: Zuerst das Remis gegen uns, dann ein 6:0 gegen Freiburg, eine Niederlage gegen Arsenal und ein eher schwaches Heimspiel gegen St. Pauli, das fast einen Punkt gebracht hätte.
Jetzt steht wieder Union mit im Fokus, inklusive Derrick Köhn – Namensgeber des Blogtitels – der nach eigenen Angaben große Derrick-Fan ist, weil seine Mutter jede Folge der Serie verschlang. Ob er gegen Bayern in der Startelf steht, entscheidet allerdings Baumgart, der zwischen Köhn und Rothe wechselt.
Eine taktische Vorhersage oder Spekulation über die Startelf entfällt hier. Es ist Pokal – alles ist möglich. Spieler und Teams wachsen über sich hinaus, Stadien werden zu Hexenkesseln und Einwechselspieler können das Spiel drehen. Manch junger Spieler wird ins kalte Wasser geworfen (ein Wink an Steffen). Wir freuen uns darauf. Eisern.
Unionfux: Nur zwei Schüsse aufs Tor (einer davon ein Treffer), eine deutlich schlechtere Zweikampfbilanz, schwache Passquote, weniger Ballbesitz und gegen den auswärts noch punktlosen Tabellenletzten zuhause eine über weite Strecken konfus wirkende Mannschaft – da fehlen einem die Worte. Aus fünf Bundesligaspielen gegen Heidenheim holten wir nur einen Punkt, selbst gegen Bayern waren wir erfolgreicher – die Bezeichnung „Angstgegner“ greift da zu kurz.
Vielmehr stellt sich die Frage, was der Trainer vor dem Spiel und in der Pause der Mannschaft mit auf den Weg gegeben hat? War es Anweisung, in der zweiten Halbzeit immer passiver zu werden, kaum noch Angriffe zu initiieren und hinten zwei spielentscheidende Fehler gegen einen Gegner zu begehen, der nicht besser, aber deutlich motivierter war? Oder hört die Mannschaft nicht mehr auf ihn?
Spielerisch und taktisch wirkt das Team schnell überfordert, besonders in diesem Spiel. Der Beginn war zäh, mit wenigen Ideen und häufig langen Bällen auf Burke, die selten ankamen. Kurz vor der Pause wurde mehr Druck aufgebaut, was zu zwei Torschüssen führte: durch Kemlein und zur Führung durch Khedira. Doch wie schon in Hamburg lähmte dieses Tor die Mannschaft eher. Das Spiel wurde fahriger, ungenauer und ungeordnet. Immer wieder kam der Ball zu schnell zum Gegner, der zunehmend gefährlicher wurde. Die Einwechslungen passten sich dem niedrigen Niveau an, brachten keine neuen Impulse. Es schien, als wolle man den knappen Vorsprung nur noch über die Zeit retten. Das mag gegen Bayern nachvollziehbar sein, aber nicht gegen Heidenheim.
Planloses Herausspielen von Bällen brachte keine Ruhe oder Zeitgewinn. Und das Fehlen von gefährlichen Standards (nur fünf Ecken gegen Heidenheim) zeigt die Ungefährlichkeit, die wir seit langem haben. Selbst gegen Zweitligisten schaffen wir kaum Chancen, was Begründungen für die aktuelle Spielweise nicht entkräftet. Die Offensive war zuletzt am 4. Spieltag gegen Frankfurt erfolgreich, seither herrscht Offensive Dunkelheit. Ein Beispiel: Nach der Pause verlor Jeong im Mittelfeld den Ball, wodurch der Angriff abgebrochen wurde – viele Spieler waren mutlos und orientierungslos.
Solange sich hier keine Fortschritte zeigen und keine Weiterentwicklung der Mannschaft oder einzelner Spieler erkennbar ist, werden solche Spiele und Ergebnisse an der Tagesordnung bleiben. Natürlich ist Union auf Grund der begrenzten Mittel nicht in der Lage, spektakulären Fußball zu bieten. Doch langsam muss sich Trainer Baumgart fragen lassen, was er trainiert und ob er einen Plan hat. In diesem Spiel war jedenfalls kein Plan erkennbar, dafür eine zögerliche, ratlose Truppe, die weit unter ihren Möglichkeiten blieb. Am Ende steht eine frustrierende Heimniederlage, die mehr Sorgen bereitet als nur drei verlorene Punkte – aber wenigstens keine Entschuldigungen zulässt.
Unionfux: Seit Tagen wird vor dem vermeintlich leichten Heimspiel gegen den auswärts noch punktlosen Tabellenletzten Heidenheim gewarnt. Dabei haben wir aus den bisherigen vier Bundesligaspielen gegen Heidenheim nur ein Unentschieden geholt und die anderen drei Spiele verloren (immer zu Null) – offenbar ein Angstgegner.
Die Favoritenrolle liegt uns nicht, und wie der Trainer sagt, können wir eigentlich nur auf „Bauernfußball“ setzen, auch wenn er da nur leise Stolz zeigt. Trotzdem sollte man weder zu pessimistisch sein noch zu tief stapeln. Ein Unentschieden zuhause kann, bei allem Respekt, kaum das Ziel sein, denn hier trifft der Tabellenachte auf den Letzten, ein Unterschied von 15 zu 5 Punkten spricht für sich und auch die Wettquoten machen uns zum Favoriten – ob wir das wollen oder nicht.
Natürlich wird es schwer für unser sparsames Mittelfeld, unsere Stürmer in Szene zu setzen. Daher wäre ein Start von Jeong anstelle von Burke denkbar. Jeong bringt dribbelnde Qualitäten mit, die gegen tiefstehende Gegner eher gefragt sind als Burkes Geschwindigkeit. Doch lange Bälle werden selten ankommen, und auch Derrick Köhn sollte endlich zeigen, dass er brauchbare Flanken schlagen kann. Auch Skarkes erstes Tor gegen seinen Ex-Verein wird erwartet. Haberer wartet indes noch auf ein Tor, sein letzter Treffer liegt über eineinhalb Jahre zurück. Ein Fernschuss wäre da angebracht, passend zu seiner Technik.
Darüber hinaus gibt es Optionen auf der Bank: Burcu und Bogdanov, die Potenzial mitbringen. Wenn das abgerufen wird, sollte ein klarer Sieg gegen Heidenheim möglich sein und wir können ruhiger in das Saisonfinale gehen. Angst ist fehl am Platz – Konzentration, Wille und eine breite Brust sind jetzt gefragt. Und wenn Doekhi am Ende einen Doppelpack schießt – umso besser.
Auf jeden Fall gewinnen wir am Samstag unser erstes Bundesligaspiel gegen Heidenheim, ohne Wenn und Aber. Auf geht’s!
Icke: Wenn Bundesligisten sich Anfang Januar verstärken oder schwächen wollen, beginnen die Gespräche meist jetzt – rund vier Wochen vor Ende der Transferphase. Das läuft selten reibungslos. Was macht Union? Lassen wir Leite und Doekhi ziehen, oder nur einen? Kommt Ersatz von außen oder versucht man es intern? Wird endlich ein Spielmacher verpflichtet? Ist Awoniyi eine Option? Viele Fragen sind offen.
Offiziell dringt wenig aus dem Verein, nur Gerüchte kursieren. Angeblich ist man an österreichischem Nationalspieler Lazaro interessiert, der auf der rechten Außenbahn spielt. Doch Trimmel ist dort gesetzt, Juranovic wurde gerade verlängert, und auch Haberer hat dort bereits gespielt. Junioren-Nationalspieler Prosche will sich dort im Sommer etablieren. Eine Verpflichtung Lazaros erscheint daher wenig sinnvoll.
Jeremiah St. Juste könnte eine Lösung sein, falls Doekhi geht. Derzeit sitzt er bei Sporting auf der Bank und ist 29 Jahre alt. Ob er sportlich passt, bleibt unsicher. Ein Ersatz für Leite ist er nicht, da wir einen Linksfuß brauchen. Auch Diamande wird weiter beobachtet, er spielt zuletzt wieder in der französischen Ligue 1. Ein vages Gerücht.
Neuestes Gerücht aus England besagt, dass Awoniyi ein Thema in Bremen sein soll. Das erinnert an seine erfolgreiche Zeit bei Union. Trotz seiner Qualität ist er verletzungsanfällig. Eine Leihe mit Kaufoption wäre wahrscheinlich. Ist Awoniyi fit, wäre er Stammspieler bei Union, aber ein Stürmer müsste dafür gehen – vermutlich Ljubicic. Er kam bislang ohne Spielzeit bei Baumgart aus. Bochum hatte bereits Interesse gezeigt. Ein Leihgeschäft scheint wahrscheinlich, Optionen sind noch offen.
Die Aufgabe ist schwierig, aber wir hoffen auf Lösungen. Eisern.
Unionfux: Hätten wir gestern verloren, hätte sich der Abstand zum Relegationsplatz auf vier Punkte und zu St. Pauli auf zwei Punkte verringert. Dank unseres zweiten Auswärtssiegs sind es nun komfortable acht Punkte. Das zeigt, wie wichtig unser Erfolg am elften Spieltag war. Allerdings war das Spiel über weite Strecken enttäuschend.
In der ersten Halbzeit gab es keinen einzigen Torschuss des Gastgebers, nur ein Kopfball von Pereira Lage nach einer Flanke von Hountondji wirkte gefährlich, verfehlte das Tor aber deutlich.
Wir brauchten bis kurz vor der Pause, um in den Angriff zu kommen: Ilic prüfte den gegnerischen Torwart, Rothe verpasste eine Burke-Flanke knapp, und in der 44. Minute gelang uns der Führungstreffer. Nach einem weiten Einwurf von Trimmel ließ der Gegner den Ball fallen, Khedira schloss ab, traf aber nur Ilic, von dem der Ball ins Tor prallte. Ein glücklicher Treffer zum idealen Zeitpunkt.
In der zweiten Hälfte überließen wir dem kämpferischen FC St. Pauli das Spiel. Wir hatten kaum Ballbesitz und unsere Offensivbemühungen beschränkten sich meist auf ungenaue lange Bälle. Unsere technischen Schwächen machten es St. Pauli leicht, uns vom Tor fernzuhalten. Die Abwehr blieb jedoch stabil, auch wenn der Gegner Druck aufbaute.
Erst nach einer Stunde musste Rönnow mehr eingreifen, hielt zwei gefährliche Versuche relativ mühelos. Glück hatten wir, als Pereira Lage einen Schuss an den Pfosten setzte und St. Pauli den Abpraller nicht verwerten konnte. Haberer klärte eine direkte Ecke vor der Linie. Trimmel sorgte für eine kuriose Szene, als er Rönnow den Ball aus der Hand schlug, was aber folgenlos blieb. In der Nachspielzeit verfehlte der eingewechselte Skarke das Tor knapp, es war unser einziger wirklich gefährlicher Torschuss nach der Pause.
Am Ende stand ein dreckiger, aber wichtiger Sieg, auch wenn der Gegner verunsichert war und wir etwas Glück hatten. Unsere Heimbilanz gegen St. Pauli ist zwar nicht berauschend, aber der Sieg gab Anlass zur Erleichterung. Zudem war Matchwinner Rani Khedira in der Kicker-Elf des Spieltags und wir setzen unsere Serie fort: In allen Spielen, in denen Khedira traf, gewannen wir.
Der Spielstil ist noch verbesserungswürdig, aber der Blick auf die Tabelle macht Mut. Eisern.
Unionfux: Begegnungen mit dem FC St. Pauli sind immer besonders – zum einen, weil der Verein polarisiert: Man liebt die Hamburger oder findet sie überheblich und schwer erträglich. Zum anderen sind sie ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf.
St. Pauli startete furios mit sieben Punkten aus drei Spielen, blieb dann aber seit sieben Spielen sieglos und erzielte nur zwei Tore. Im Pokal schafften sie das Comeback gegen Hoffenheim in letzter Sekunde und siegten im Elfmeterschießen – in der Liga aber reicht das nur zu einem Unentschieden.
Trainer Baumgart hat noch eine Rechnung offen: Im Januar erlitten wir am Millerntor eine bittere Niederlage nach schwacher Leistung. Nun wollen wir zeigen, dass es auch anders geht. Die nächsten beiden Spiele gegen St. Pauli und Heidenheim sind richtungsweisend – sechs Punkte sind möglich und wichtig. Traditionell tun wir uns gegen die „kleinen“ Teams schwer, aber der Gegenbeweis ist überfällig.
Am Millerntor werden wir wohl weniger Ballbesitz haben, stattdessen aus der Defensive heraus kontern und auf Standards setzen. Gut, dass Kapitän Trimmel nach Gelbsperre wieder dabei ist, ebenso wie Juranovic, der wohl nach einer Stunde für Trimmel kommt. Ilic könnte für den glücklosen Skarke starten. Im Mittelfeld werden wohl Haberer und Kemlein spielen, wobei Haberer den Vorzug vor Schäfer haben könnte.
Das Wetter soll mild und wechselhaft sein. Wir erwarten ein spannendes Spiel, hoffentlich mit einem weiteren Auswärtssieg. Eisern.
Unionfux: Überraschend gab der 1. FC Union am 13. November bekannt, dass Chefscout und ehemaliger Manager Oliver Ruhnert nach achteinhalb Jahren den Verein mit sofortiger Wirkung verlässt. Normalerweise wartet man bis zum Saisonende oder Winterpause, bei diesem plötzlichen Abschied scheint es also Hintergründe zu geben: Entweder gab es Streit intern oder Ruhnert erhielt ein lukratives Angebot, möglicherweise kehrt er zum FC Schalke zurück.
Doch diesmal ist es anders: Ruhnert kandidiert beim Bundesparteitag des BSW Anfang Dezember als Generalsekretär und wird aller Wahrscheinlichkeit nach gewählt. Die junge Partei hatte bei der letzten Wahl den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt und sieht Ruhnert als großen Gewinn – Sahra Wagenknecht bezeichnete die Verpflichtung als Königstransfer.
Ruhnerts politisches Engagement ist nicht neu: Er war für die Linke im Stadtrat von Iserlohn, hatte sich beurlauben lassen, um für den BSW zu kandidieren, und hat stets Sport und Politik strikt getrennt.
Mit seinem Abgang endet eine Ära, knapp zwei Jahre nach der überraschenden Trennung von Urs Fischer, der wenige Monate nach seiner Wahl zum Trainer des Jahres nach einer Negativserie (dreizehn Niederlagen, ein Unentschieden) das Handtuch warf.
Ruhnert und Fischer symbolisieren eine fast unglaubliche Erfolgsgeschichte: Aufstieg in die Bundesliga, Teilnahme an Conference, Europa-, und Champions League (einzige Mannschaft der Top 5 Ligen in einer Saison ohne Heimniederlage!). Das gelang durch kluge Transferpolitik, Schlüsselspieler wie Gentner, Becker, Andrich, Awoniyi, Knoche, Kruse, Hollerbach sowie die aktuell aktiven Khedira, Doekhi, Rönnow und Diogo Leite wurden verpflichtet.
Anfangs glaubten viele an ihre Unfehlbarkeit, doch in den letzten Jahren häuften sich teure Fehlinvestitionen wie Puchacz, Möhwald, Öztunali und andere. Auch Fehlgriffe wie Leweling und Asllani kamen hinzu. Fehler gehören zum Geschäft, doch die Glückstreffer werden seltener. Zum Ende seiner Amtszeit wirkte Ruhnert nicht mehr voll engagiert, oft klang an, er plane seine politische Karriere und wolle freiwillig in die zweite Reihe.
Ob sein Comeback nach dem ersten gescheiterten Versuch klug war? Schwer zu sagen. Die Trennung fällt mittlerweile leichter und man bleibt in Freundschaft auseinander. Ruhnerts Verdienste um Union sind gewaltig, und auch sein Nachfolger muss erst noch beweisen, dass er ihn ersetzen kann.
Künftig wird der Fokus auf dem Klassenerhalt liegen, Ruhnert wird sich in der Politik engagieren – keine leichte Aufgabe. Danke, Oliver, für achteinhalb Jahre beim Verein. Es ist ein gutes Zeichen, dass er nicht zu einem sportlichen Konkurrenten wechselt. Viel Glück und Erfolg für deine neuen Aufgaben – man sieht sich!