zurück

„Wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei“: Müllers Countdown bei Bayern läuft

Von Klaus Bergmann und Maximilian Haupt

Orlando (USA) – Thomas Müller (35) senkt seine sonst so kraftvolle Stimme plötzlich auf ein leises Niveau. Erschöpft steht das Bayern-Urgestein nach 90 Minuten harter Arbeit bei der brütenden Hitze von Charlotte mit Stoppelbart in den Gängen des „Bank of America Stadiums“. Und dann trifft ihn diese Frage völlig unerwartet.

Das Wichtigste in Kürze

KI-generierte Zusammenfassung des Artikels

Ist ihm bewusst, dass nach Abschluss der Gruppenphase nun jedes Spiel bei der Klub-WM tatsächlich sein letztes im FC-Bayern-Trikot sein könnte?

„Natürlich“, antwortet der 35-Jährige. „Aber das weiß ich schon eine ganze Weile.“ Anschließend versucht er, das Thema verbal abzuschütteln, als wolle er einen Gegenspieler auf dem Spielfeld abwehren.

„Trotzdem macht es Spaß zu spielen. Alles zu geben macht Freude. Und wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei!“ Wenn es doch nur so einfach wäre.

Schon am Sonntag (22 Uhr/Sat.1 und DAZN) könnte der Abschied kommen. Dann trifft der deutsche Meister in Miami im Achtelfinale auf Flamengo Rio de Janeiro, Brasiliens derzeit stärkste Mannschaft. Bedeutet das das Ende für Müller?

Der Ur-Bayer kämpft nach 25 Jahren bei Bayern auch bei diesem Turnier in den USA um persönliche Entscheidungen. Doch er will sich nicht von negativen Gedanken leiten lassen. Gewinnen oder nach Hause fliegen – so einfach ist die Lage.

„Natürlich sind solche Win-or-go-home-Spiele immer aufregend. Man sitzt quasi schon mit gepacktem Koffer da. Aber ich bin überzeugt, dass wir noch eine Weile hierbleiben werden.“

Sein Ziel bleibt der 13. Juli, das WM-Finale im MetLife Stadium bei New York – ein Abschiedsspiel auf einer großen Bühne. „Das Turnier nimmt jetzt richtig Fahrt auf“, sagt der 35-Jährige.

Und Flamengo soll nicht die letzte Station sein. Sein 250. Pflichtspieltor für Bayern, das er beim 10:0 gegen Auckland City euphorisch feierte, soll nicht das letzte bleiben.

Auch die Mitspieler, besonders lange Weggefährten wie Leon Goretzka (30), wollen noch nicht an ein Bayern ohne das Unikat Müller denken. „Ich glaube, sentimental werden wir erst recht, wenn es so weit ist“, erklärte der Nationalspieler in Charlotte. Die freie Zeit in Orlando verbringen die Freunde gern auf dem Golfplatz.

Müller wird fehlen. Für viele. Den Verein, die Mannschaft, die Fans und auch die Medien. Der schlagfertige Müller amüsiert sich auf seiner letzten Bayern-Auswärtstour gerne bei den Journalisten. „Ich bin ein bisschen enttäuscht von deiner Frage“, kontert er beispielsweise. Müller beherrscht das Fußball-Showgeschäft.

Wie es nach der Klub-WM weitergeht? Müller liebäugelt offenbar mit einem Engagement bei Los Angeles FC in der Major League Soccer.

Das ist der Partnerklub der Bayern, deren Verantwortliche das begrüßen würden. So könnte Müller als Münchner Botschafter auf dem US-Markt aktiv werden.

Allerdings besitzt der FC Cincinnati die sogenannten Discovery Rights an Müller. Dieser Klub aus Ohio hat ein exklusives Verhandlungsrecht, das ein MLS-Team erwerben muss, wenn es einen Spieler verpflichten will, der in die Liga wechseln möchte.

Folglich müssten die Rechte an Müller von Cincinnati gekauft werden. Genauso war es bei Marco Reus (36), als der ehemalige Dortmunder 2014 zu LA Galaxy wechselte.

Das könnte auch eine gute Vorbereitung auf die richtige WM der Nationalmannschaften im nächsten Jahr sein, die in den USA, Kanada und Mexiko stattfindet. In Fachkreisen wird spekuliert, dass der wortgewandte Müller dann für einen deutschen Fernsehsender als Experte tätig sein wird.

Für die Zuschauer wäre das sicherlich ein Gewinn. Doch das ist Zukunftsmusik. Die Gegenwart heißt Flamengo.