Lothar Matthäus gibt Jugendtraineramt in gehobenem Viertel auf – und teilt gegen Eltern aus
Elterliche Überforderung ist ein bekanntes Phänomen für Pädagogen und Lehrkräfte, und nun hat sich auch der frühere Nationalspieler Lothar Matthäus (63) dieser Erfahrung stellen müssen. Als Jugendcoach beim TSV Grünwald führten die überambitionierten Haltungen der Eltern dazu, dass er seinen Posten aufgab.
In einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" legte der einstige Weltfußballer dar, welche Umstände ihm besonders zusetzten.
Die Gründe sind vielschichtig. Eifersucht entsteht, wenn man mit einer Mutter länger redet als mit einer anderen. Verärgerung, weil der Sohn nicht die Position spielt, die der Vater bevorzugt. Persönliche Anfeindungen zwischen den Eltern in WhatsApp-Gruppen.
Nicht alle Eltern waren so, betont er. Doch jene, die es waren, haben es nun zu weit getrieben. Beispielsweise war er gezwungen, seine Entscheidungen, warum ein Kind nicht auf seiner bevorzugten Position spielte oder auf der Bank saß, ständig zu rechtfertigen.
"Diese Angelegenheiten gehen die Eltern nichts an. Das ist Sache des Trainers. Diskussionen sind okay, aber nicht unaufhörlich", erklärte Matthäus in dem Interview mit der SZ. "Es soll doch um Spaß gehen. Meiner Meinung nach waren die Kinder die Leidtragenden", fügte er hinzu.
Aus einem Team, das sich ursprünglich mit dem Frust nach Niederlagen auseinandersetzen musste, formte Matthäus eine erfolgreiche Mannschaft, die Aufstiege feierte. Damals herrschte noch eine harmonische Atmosphäre.
Matthäus: "Eltern erwarten, dass ihr Kind zum nächsten Messi wird"
Dann kritisiert er die Eltern aus dem wohlhabenden Münchner Viertel scharf. Auf die Frage nach den Gründen für solch ein Verhalten legt er die Vermutung nahe, dass solche Eltern einfach zu viel Zeit hätten.
Durch die Unterstützung von Gärtnern und Reinigungskräften im Haushalt seien die Eltern intensiver involviert und erwarten, dass ihr Kind Erfolge erzielt, von denen sie vielleicht selbst geträumt haben.
Das ist ein allgemeines Phänomen im Jugendfußball – hier aber anscheinend noch gravierender: "Viele Eltern erhoffen, ihr Kind werde der nächste Messi. Privatunterricht dreimal die Woche, zusätzliches Lauftraining, Gewichtheben mit zehn Jahren und dreimal zusätzliches Training pro Woche."
Das wollte Matthäus nicht länger hinnehmen – und auch die ständigen Diskussionen leidete er satt: "Die Eltern mischen sich ja auch nicht jeden Tag in den Schulunterricht ein."
Vielleicht ist das der Grund für seine Entscheidung, sich nicht länger engagieren zu wollen. Solche Einstellungen stellen zumindest indirekt seine Fußballkompetenzen infrage. Dabei hat er wahrscheinlich mehr Titel gewonnen als die Eltern seiner jungen Spieler.
Interessanterweise hat sein Sohn den Verein schon verlassen. Matthäus selbst plant nicht, sich weiterhin als Jugendtrainer zu betätigen.