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Hertha erlebt Heimmoment der Erlösung und bringt Nerven zum Zerreißen: Szenen, die Leitl gar nicht gefallen

Berlin – Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn es noch schiefgegangen wäre. Bereits in der 98. Minute erkämpfte sich Kevin Sessa (26) den Ball, umkurvte seinen Gegenspieler und sprintete aus der eigenen Hälfte ohne Bedrängnis Richtung Tor von Münster. Anstatt seinen mitgelaufenen Mitspieler Michaël Cuisance (26) anzuspielen, versuchte Sessa es alleine – und scheiterte kläglich.

Sein Heber landete sicher in den Händen von Johannes Schenk (22), der prompt den nächsten Konter einleitete. Im Mittelfeld sorgte Toni Leistner (35) dann für die entscheidende Klärung der letzten Aktion. Anschließend war Schluss! Hertha feierte endlich wieder einen Heimsieg im Olympiastadion – nach 153 Tagen Wartezeit.

„Auf der einen Seite bin ich sehr zufrieden mit unserer heutigen Leistung,“ lobte Stefan Leitl (48) und sprach von einem „hochverdienten Sieg“. Jedoch gab es auch einen klaren Kritikpunkt: die mangelhafte Verwertung der Chancen.

Die Alte Dame bot beim 2:1 gegen Preußen Münster vermutlich ihre beste Saisonvorstellung und erspielte sich zahlreiche Möglichkeiten. Am Ende waren die fast 44.000 Zuschauer im nasskalten Olympiastadion einfach erleichtert, als endlich der Schlusspfiff ertönte. „Wir haben heute viel dafür getan, dass es ein spannender Nachmittag wurde,“ kommentierte Leitl.

Was er damit meint: Die Blau-Weißen hätten das Spiel schon viel früher entscheiden können, vergaben aber reihenweise beste Chancen. Nach 98 intensiven Minuten wies die Statistik einen Expected-Goal-Wert von 4,8 aus. Vor allem Doppel-Torschütze Sebastian Grönning (28) hätte sogar vier Treffer erzielen können, ja müssen.

Doch auch seine Teamkollegen gingen mit ihren Chancen verschwenderisch um. Gleich zweimal blockierte Jon Dagur Thorsteinsson (26) den besser positionierten Marten Winkler (22) – und selbst Winkler schaffte es nicht, den Ball aus drei Metern ins Tor zu bringen.

„Ich glaube, ich habe den Ball heute ein paar Mal sehr gut aufgelegt und hätte vier oder fünf Scorerpunkte sammeln können. Viel wichtiger ist aber, dass wir das Spiel früher hätten entscheiden müssen,“ meinte Fabian Reese (27).

Besonders nach Grönnings zweitem Treffer kurz nach der Pause rollte Angriff auf Angriff auf die Gäste zu. Trotz zahlreicher Topgelegenheiten fiel jedoch kein weiteres Tor mehr. So musste Hertha am Ende noch ordentlich zittern.

„Aus unserer Sicht war es unnötig, das Spiel so spannend zu machen,“ kritisierte Leitl, der seiner Mannschaft noch auf dem Spielfeld klare Worte mit auf den Weg gab.

Vor allem zwei Szenen missfielen dem Trainer: Zunächst lief Luca Schuler (26) alleine aufs Tor zu, spielte den Ball nicht ab und scheiterte. Kurz darauf erzielten die Gäste den Anschlusstreffer, ehe Sessa in der Nachspielzeit einen ähnlichen Fehler machte. „Solche Situationen darf man nicht leichtfertig verschenken. Genau das haben wir getan,“ so der Chefcoach. „Deshalb bin ich nicht vollends zufrieden, auch wenn es eine starke Mannschaftsleistung war.“

Am Ende überwiegt jedoch die Freude über den ersten Heimsieg seit April. Hertha kann also doch noch zuhause gewinnen. Auch Fabian Reese wird seinen Fehlversuch aus über 30 Metern verschmerzen. Grönnings Treffer wurde jedoch wegen minimaler Abseitsstellung aberkannt. Es ging kaum knapper. „Das tut sehr weh. Das war eines meiner schönsten Tore,“ zeigte sich der verhinderte Schütze enttäuscht.

Einziger Wermutstropfen neben den vergebenen Chancen ist das anhaltende Verletzungspech: Mit Leon Jensen (27) und Deyovaisio Zeefuik (27) fallen gleich zwei weitere Stammspieler aus.