Heftiger Vertragsstreit um deutsches Nachwuchs-Talent
Berlin/Cottbus – Zwist zwischen Energie Cottbus und Union Berlin heizt sich auf! Im Verborgenen entbrannte ein handfester Konflikt um eines der vielversprechendsten Nachwuchstalente des deutschen Fußballs.
Am Dienstagnachmittag stellte Union mit sichtlichem Stolz die Verpflichtung eines 15-Jährigen vor: „Hallo, liebe Union-Fans, ich heiße Linus Güther und habe soeben meinen ersten Vertrag bei Union unterschrieben.“
Die Präsentation am 1. Juli war wohl kein Zufall – an genau diesem Tag wurde der Nachwuchsspieler erstmals offiziell als Vertragsspieler beim Berliner Fußballverband eingetragen.
Doch die Angelegenheit ist alles andere als eindeutig. Im Gegenteil: Rund um den Vertragsstatus von Güther gibt es in der Szene erheblichen Ärger!
Seit mehreren Monaten entbrennt ein regelrechter Kampf um das bis dato wohl größte Talent des Drittligisten Cottbus, welches gleichzeitig als eines der vielversprechendsten deutschen Talente des Jahrgangs 2010 gilt.
Güther wird von den führenden deutschen Clubs heiß begehrt und soll unter anderem bei Bayern München und Borussia Dortmund auf dem Zettel gestanden haben. Auch bei Hertha BSC stellte er sich vor.
Den ersten Vertrag unterschrieben jedoch seine Eltern mit Energie Cottbus. TAG24 wurde die Existenz dieses Vertrags bestätigt, der die Unterschriften beider Elternteile als gesetzliche Vertreter sowie die des Vereins enthält.
Ein Datum zur Vertragsunterzeichnung fehlt zwar, doch die Laufzeit ist bis 2028 festgelegt. Eine Unterschrift von Güther selbst sucht man vergeblich – ist dem Nachwuchsspieler der Vertrag überhaupt bekannt?
Laut Angaben des Berliner Fußballverbands unterzeichnete Güther am 30. Mai stattdessen einen für den Verband rechtlich bindenden Vertrag bei Union Berlin.
Während Union die Angelegenheit auf Anfrage von TAG24 als unproblematisch darstellte, betrachtet Cottbus den Fall als eine Angelegenheit für das Arbeitsgericht.
FCE-Präsident Sebastian Lemke bestätigte auf Nachfrage: „Aus unserer Sicht besteht ein zivilrechtlich gültiger Vertrag mit Energie Cottbus für Linus Güther. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um unsere Rechte durchzusetzen.“
In Cottbus wurde dem in Spremberg (25 Kilometer südlich von Cottbus) aufgewachsenen Güther eine vielversprechende Perspektive angeboten:
Cheftrainer Pele Wollitz (59) kündigte dem 15-Jährigen an, dass er ab diesem Sommer am Training der Profimannschaft teilnehmen könne. Auch ein frühzeitiger Einsatz nach Erreichen des 16. Lebensjahres stand im Raum.
Dieses Konzept hat sich in der Vergangenheit bereits bewährt. 2011 gab Leonardo Bittencourt (heute 31, Werder Bremen) im Alter von 17 Jahren sein Profi-Debüt für die Lausitzer in der 2. Bundesliga. Nur ein Jahr später wechselte er für mehrere Millionen Euro zu Borussia Dortmund.
Ob Güther jedoch tatsächlich noch einmal für Cottbus auflaufen wird, ist angesichts des aktuellen Streits fraglich.
Fachleute beschreiben den Offensivspieler als technisch herausragend und äußerst geschmeidig im Spiel, mit einem hervorragenden Abschluss – eine Spielweise, die an Nationalspieler Florian Wirtz (22) erinnert.
Im Mai gab Güther sein Debüt in der deutschen U15-Nationalmannschaft. Im prestigeträchtigen Duell gegen die Niederlande erzielte der 15-Jährige das 1:0 und war der einzige Feldspieler, der zur Halbzeit nicht ausgewechselt wurde.
Drei Tage später folgte das Spiel gegen Belgien, bei dem Güther zwei Minuten nach seiner Einwechslung das 3:0 erzielte und später noch zwei weitere Treffer vorbereitete. Ein beeindruckender Einstand!
Nach seiner Nominierung durch den DFB soll Güther völlig verändert zurückgekehrt sein und seinen Wechsel zu den Eisernen gegenüber Teamkameraden verkündet haben. Tatsächlich genießt das Nachwuchsleistungszentrum von Union mehr Ansehen als das von Cottbus, zählt aber nicht zu den Spitzenadressen in Deutschland.
Es passt ins Bild, dass auch bei Güthers Eltern kürzlich ein Sinneswandel stattgefunden haben soll. Insbesondere sein Vater habe versucht, den Vertrag mit Cottbus nicht mehr anzuerkennen und ein Schreiben zur Vertragsaufhebung verfasst. Energie Cottbus lehnte dies jedoch ab.
Unklar bleibt, warum Cottbus Güther nicht beim Fußball-Landesverband Brandenburg registriert hat oder registrieren konnte.
Im Rahmen der Recherchen meldete sich zudem eine Person, die sich selbst als „Brückenbauer“ im Karriereweg von Güther bezeichnete und darum bat, den Konflikt nicht öffentlich auszutragen. In Deutschland dürfen Spielervermittler erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres an Transfers oder Verträgen mitverdienen.