Eduard Geyer kennt sich aus: Das braucht Dynamo für den Verbleib in der Liga
Dresden – Eduard Geyer (80) verfügt über große Erfahrung im Aufstiegsgeschehen, ebenso aber im Kampf gegen den Abstieg. TAG24 hat mit dem ehemaligen Spieler und Trainer über den Aufstieg von Dynamo Dresden in die 2. Bundesliga und die entscheidenden Faktoren für die kommende Saison gesprochen.
TAG24: Herr Geyer, warum halten Sie den Aufstieg von Dynamo für gerechtfertigt?
Geyer: „Wenn eine Mannschaft über einen längeren Zeitraum an der Tabellenspitze steht und die Liga dominiert, hat sie den Aufstieg definitiv verdient. Dennoch hat es mich etwas geärgert, dass man sich den ersten Platz noch hat nehmen lassen. Das wäre schließlich ein zusätzlicher Titel für Dresden gewesen. Der Aufstieg ist natürlich das Wichtigste, aber man sollte stets versuchen, das Optimum zu erreichen.“
TAG24: Was muss sich ändern, damit Dynamo nicht länger als Auf- und Absteiger gilt?
Geyer: „Als Außenstehender ist das immer schwierig zu beurteilen. Grundsätzlich braucht es eine stabile Mannschaft. Natürlich muss der Kader verstärkt werden, gleichzeitig sollten junge Talente eingebunden werden. In einem soliden Team entwickeln sich Nachwuchsspieler deutlich besser. Vor allem in den Heimspielen muss die Grundlage für den Klassenerhalt gelegt werden. Es gab ja nicht viele beeindruckende Auftritte zu Hause. Oft waren die Spiele eher unspektakulär, was mich nicht immer begeistert hat. Dennoch ist der Aufstieg verdient. Man muss aggressiver auftreten, aus Standardsituationen mehr Kapital schlagen und die Konterstärke deutlich verbessern. Im Moment spielen wir zu oft nach hinten. Klar, in Drucksituationen kann man das Spiel beruhigen, aber von den Flügeln sollte mehr kommen.
Trainer und Mannschaft haben also noch viel Arbeit vor sich. Das Champions-League-Finale zwischen Paris und Mailand war dabei ein gutes Beispiel, wie man es machen sollte. Paris hat nie aufgehört, nach vorn zu spielen, war aggressiv und schnell. Natürlich können wir das nicht 1:1 übernehmen, die Qualität ist eine andere. Dennoch lassen sich daraus wichtige Erkenntnisse für die kommenden Aufgaben gewinnen. Paris war so erfolgreich, weil alle Spieler sowohl offensiv als auch defensiv arbeiteten.“
TAG24: Verstehen Sie, warum es bis auf einen Spieler bisher keine weiteren Neuzugänge gibt?
Geyer: „Das ist nicht immer einfach. Als Aufsteiger wollen viele Spieler, sofern sie einigermaßen gut sind, meist in einer höheren Spielklasse spielen. Es gibt Vereine, die hinsichtlich Qualität attraktiver wirken. Dynamo dagegen punktet mit einem ausverkauften Stadion und einer leidenschaftlichen Stadt. Für die Spieler spielen jedoch auch persönliche Entwicklung und das Gehalt eine große Rolle. Hier dürfte Dresden in der zweiten Liga nicht ganz oben stehen. Heutzutage wird auch in Liga zwei viel Geld gezahlt.
Wichtig ist, Spieler zu verpflichten, die das Team wirklich voranbringen – sowohl charakterlich als auch spielerisch. In dieser Hinsicht sind wir noch nicht am Ziel. Vielleicht sollte Dynamo auch den Blick auf Nachbarländer wie Tschechien oder Polen richten. Das haben wir früher schon gemacht und dort gibt es sicherlich Talente. Aber wer gut ist, will auch entsprechend entlohnt werden. Das Gehalt ist ein wesentlicher Faktor.“
TAG24: Auf welchen Positionen sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Geyer: „Wir benötigen noch Spieler für die linke und rechte Außenbahn, ebenso wie offensive Kräfte und jemanden für die defensive Zentrale im Mittelfeld. Eine entscheidende Frage bleibt immer: Reicht die Schnelligkeit? Sie ist im modernen Fußball enorm wichtig.“
TAG24: Wie schätzen Sie die Chancen von Dynamo für die kommende Saison ein? Was trauen Sie der Mannschaft und dem Trainer zu?
Geyer: „Der Trainer steht vor einer neuen Herausforderung und ist in der 2. Liga noch unerfahren. Es ist entscheidend, dass er von Beginn an mit voller Konzentration in jedes Spiel geht und den Heimvorteil konsequent nutzt. Dazu gehört auch, die Spielfreude und Qualität auf die Fans zu übertragen. Wenn man beispielsweise 17 Eckbälle hat und jeder schlecht ausgeführt wird, bringt das nichts. Standards sind weiterhin sehr wichtig. Der Gegner muss unter Druck gesetzt und verunsichert werden. Es gibt viele Aspekte, die verbessert werden können. Das Trainerteam hat also noch eine Menge Arbeit vor sich. Am Ende zählt nur der Erfolg.
Für den Trainer ist die Situation Neuland. Wenn er das nötige Können besitzt, wird er sich beweisen. Ich hoffe, dass Dynamo Dresden keine schwierige Saison bevorsteht. Man muss immer so in die Spiele gehen, als wäre es ein Finale. Jeder Punkt und jedes Tor ist entscheidend. Die Mannschaft soll sich in der 2. Liga etablieren, um vielleicht irgendwann den nächsten Schritt nach oben zu wagen. Das ist ein weiter Weg, aber die Vision sollte man nicht aus den Augen verlieren.“