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Ehrenratsverfahren und Spannungen im Aufsichtsrat: So verlief Dynamos Mitgliederversammlung

Dresden – Harmonischer ging es schon bei früheren ordentlichen Mitgliederversammlungen (OMV) von Dynamo Dresden zu als am vergangenen Samstag. Im Zentrum stand die Wahl des Aufsichtsrats – ein Weg, der alles andere als problemlos war. Einige Mitglieder beschrieben die Situation sogar als „Chaos“. Dabei hatte der Tag so emotional begonnen ...

Keinen Anklang fand jedoch der kurzfristig eingebrachte Vorschlag, künftig bei OMVs auch Bier zum Verkauf anzubieten – dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Eindeutige Zustimmung gab es hingegen zu einem anderen Punkt: Der Ernennung von Vereinsikone Ralf Minge (65) zum Ehrenspielführer des aktuell zweitletzten Teams der 2. Bundesliga.

„Wir möchten einen Mann ehren, der nicht nur Tore erzielt und Spiele entschieden hat, sondern ganze Generationen geprägt hat. Du hast das schwarz-gelbe Trikot nicht bloß getragen, sondern gelebt und gezeigt, dass echte Führungsqualität nicht laut sein muss“, erklärte Vizepräsident Peter Krüger (65), der als Vertreter des Präsidiums den Antrag auf der Bühne vortrug.

Die rund 700 anwesenden Mitglieder stimmten dem Vorschlag einstimmig zu und spendeten langanhaltenden Applaus. Der Geehrte kämpfte sichtlich mit den Tränen und rief in seiner Rede die Gemeinschaft hervor, die die SGD auszeichnet.

Diese Gemeinschaft geriet jedoch unmittelbar danach ins Wanken, als unter Tagesordnungspunkt 6 die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2024/25 aufgerufen wurde. Vizepräsident Dr. Michael Bürger (53) informierte darüber, dass gegen das Aufsichtsratsmitglied Thomas Blümel (60) ein Ehrenratsverfahren wegen der „Weitergabe vertraulicher Dokumente an Dritte“ eingeleitet wurde.

„Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung“, betonte Bürger. Blümel selbst wehrte sich heftig: „Ich empfinde das als Rufmord, da hier Anschuldigungen erhoben werden, gegen die ich mich nicht verteidigen kann. Ich habe zu keinem Zeitpunkt Informationen weitergegeben und werde dies auch beweisen können. Ich kenne meine Rechte und Pflichten als Aufsichtsratsmitglied und habe mich stets daran gehalten. Es gibt keinen einzigen Beleg, nur Spekulationen und Verdachtsmomente. Eine derart öffentliche Bloßstellung hat es so wohl noch nie gegeben.“

Die Wahl des neuen Aufsichtsrats hing maßgeblich von der Entlastung des bisherigen Gremiums ab, zumal Blümel sich für eine erneute Amtszeit bewarb. Nach einer rund einstündigen Debatte darüber, welche Entlastungsanträge zur Abstimmung kommen sollen – vollständige Entlastung, Entlastung ohne Blümel oder Einzelabstimmungen – einigte man sich darauf, den gesamten Aufsichtsrat zu entlasten, was 81 Prozent der inzwischen etwa 900 Mitglieder auch taten.

Im Anschluss konnte der neue Aufsichtsrat gewählt werden. Von 820 abgegebenen Stimmen waren 801 gültig. Dem Gremium gehören künftig an: Dr. Ines Kilian (548 Stimmen), Michael Born (499), Michael Ziegenbalg (445), Thomas Blümel (428), Michael Grafe (422), Silke Donat (349) und Jens Heinig (312).

Deutlich entspannter und mit einem Schuss Humor verlief die Vorstellung der Geschäftszahlen sowie der Chancen und Risiken für die Konzernbilanz durch Wirtschaftsprüferin Jana Hesse.

Keine leichte Materie, doch die Vortragende sorgte zwischendurch für einige Lacher. „Ich möchte gar keinen Druck machen“, sagte sie mit einem Blick auf die Mannschaft, als sie das finanzielle Risiko eines Abstiegs in die 3. Liga thematisierte. Im Saal wurde daraufhin gelacht.

Die Zahlen sehen jedoch nicht mehr so positiv aus. Über ein Defizit von mehr als 600.000 Euro hatte TAG24 bereits berichtet – ebenso über die Hintergründe.

Danach folgten die Berichte von Geschäftsführer Stephan Zimmermann (38). Das war insofern besonders, als der ursprüngliche Finanzgeschäftsführer nach den Entlassungen von Thomas Brendel (49) und David Fischer (41) nun mehrere Geschäftsbereiche verantworten muss.

Er räumte dabei nicht nur mit einigen Vorurteilen und Gerüchten auf, etwa zu den Budgetplanungen (vor allem im Sportbereich) und einer angeblich zu großen Mitarbeiterzahl in einzelnen Abteilungen.

Seine Entlastung verlief problemlos, ebenso die der mittlerweile zwei freigestellten Geschäftsführer.

Einzige Ausnahme: Der ehemalige Geschäftsführer Jürgen Wehlend (60) wurde für die Geschäftsjahre 2021/22, 2022/23 und 2023/24 erneut nicht entlastet. Ein Mitglied begründete dies damit, dass Wehlend es „bislang nicht geschafft hat, sich auf einer OMV den Fragen der Mitglieder zu stellen.“

Wahrscheinlich wird er auch bei der nächsten Versammlung fehlen – warum auch nicht? Für hitzige Debatten wird es so oder so genügend Anlass geben.

Große Einigkeit herrschte hingegen bei der Ablehnung des Antrags zur Beitragsanhebung. Die letzte Erhöhung liegt 17 Jahre zurück, doch seitdem sind die Einnahmen der SGD um über 600 Prozent gestiegen, da die Mitgliederzahl von damals unter 5000 auf jetzt mehr als 35.000 gewachsen ist.

Mit den geplanten Erhöhungen ab der Saison 2026/27 wären Mehreinnahmen von rund 600.000 Euro verbunden gewesen. Künftig wären lediglich neue Mitglieder von den höheren Beiträgen betroffen. Die Aufnahmegebühr steigt symbolisch von 10 auf 19,53 Euro.

Und vielleicht lassen sich künftig auch Strafzahlungen reduzieren, denn „die Geschäftsführung sowie alle leitenden Angestellten der SG Dynamo Dresden e.V.“ wurden verpflichtet, „sich kontinuierlich und offiziell kritisch mit der Straf- und Sanktionspolitik der Verbände auseinanderzusetzen.“