„Eingeschlossen“ in den Katakomben: DFB-Profis berichten von der Terrornacht in Paris 2015
Paris (Frankreich) – Am 13. November 2015 erschütterten die Terroranschläge in Paris mit 130 Todesopfern ganz Europa tief. Ihren Anfang nahmen die Attacken am Stade de France, wo gerade die deutsche Nationalmannschaft im Freundschaftsspiel gegen Frankreich auf dem Feld stand. Ein Jahrzehnt später gewähren die damaligen DFB-Spieler eindrucksvolle Einblicke, wie sie die bedrohlichen Stunden in Paris miterlebten.
Obwohl die ganze Welt bereits über die Ereignisse vor dem Stade de France informiert war, wo sich drei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten, beendeten die Teams ihr Freundschaftsspiel völlig ahnungslos, um keine Panikmassen auszulösen.
Die Spieler hatten anfangs kaum Gedanken über die Geräusche vor dem Stadion verschwendet.
„Egal ob es knallt oder nicht, das Spiel wird fortgesetzt, solange niemand unterbricht oder mir sagt, dass etwas passiert ist“, erläutert Julian Draxler (32) in der Sky-Dokumentation „Die Nacht von Paris – Terror im Stade de France“ und fügt überraschend offen hinzu, dass auch „der Leistungsdruck“ eine Rolle spielte.
Erst in der Kabine, in die die Profis direkt nach Abpfiff in die Katakomben gebracht wurden, informierte der damalige Teammanager Oliver Bierhoff (57) die Mannschaft über den Anschlag. Zu diesem Zeitpunkt war nicht auszuschließen, dass weitere Täter noch in der Nähe des Stadions unterwegs waren. Shkodran Mustafi (33) erinnert sich an die Angst, dass jemand in die Kabine eindringen könnte.
„Man hatte Angst, weil sie ja auch ins Stadion wollten und wir wohl das Hauptziel waren. Daher befürchtete man, dass noch etwas passieren könnte“, erinnert sich auch Jérôme Boateng (37). Er erfuhr als Erster von den Ereignissen, da er wegen einer Verletzung während der Halbzeitpause in der Kabine geblieben war.
Wie ernst die Situation wirklich war, machte der damalige DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert den Spielern deutlich, als er einen Polizisten, der den Kabinentrakt absperren sollte, nach der Handhabung seiner Waffe fragte.
„Ein Spieler kam zu mir und sagte ‚Hendrik, jetzt ist nicht der richtige Moment, um mit Waffen herumzuspielen‘“, erinnert sich der ehemalige Polizist. Er erklärte daraufhin: „Das ist für den Fall, dass die Person erschossen wird und wir dann möglicherweise die Waffe weiterverwenden können, falls notwendig.“
Die DFB-Kicker verbrachten schließlich die gesamte Nacht „eingeschlossen“ (Draxler) in den Katakomben des Stadions, wo sie viel Zeit hatten, die Geschehnisse unter anderem über soziale Medien zu verfolgen.
„Die Bilder zu sehen, sie im Kopf zu haben und zu wissen, dass das nur wenige Kilometer entfernt passierte und noch immer geschieht – das war das schlimmste Gefühl an diesem Abend“, schildert Ilkay Gündogan (35) seine Erinnerungen an den 13. November 2015.
Die Dokumentation berührt nicht nur durch die ungewöhnlich persönlichen Einblicke in die Gedankenwelt der damaligen Nationalspieler, sondern besonders bewegend sind die Momente, in denen Augenzeugen zu Wort kommen, die unmittelbar bei den Explosionen dabei waren.
So berichtet der Besucher Bley Bilal Mokono, der bei den Anschlägen schwer verletzt wurde und seitdem im Rollstuhl sitzt, eindrucksvoll, wie er nach der Detonation nach seinem Sohn suchte. Stadionordner Salim Toorabally erzählt, dass er bis heute den Geruch von Blut an seinen Händen wahrnimmt.
„Diese Erinnerung bleibt für immer“, macht der Mann, der einen der Attentäter am Eindringen ins Stadion hinderte, deutlich.
Die vollständige Dokumentation „Die Nacht von Paris – Terror am Stade de France“, in der neben den Fußballern auch Politiker, Journalisten, Sicherheitskräfte und weitere Betroffene zu Wort kommen, ist ab dem 6. November bei Sky und WOW verfügbar.