Holocaust-Überlebende (†102) erhält ihre letzte Ruhestätte in Dresden
Dresden – Die Stadt Dresden bewahrt ihre Geschichte und erfüllt den letzten Wunsch einer ihrer Töchter: Am vergangenen Donnerstag wurde die gebürtige Dresdnerin und Überlebende des Holocaust, Margot Neuding-Karp (†102), im Beisein ihrer Familie auf dem Neuen Israelitischen Friedhof in Johannstadt beigesetzt.
1937 hatte ihre Mutter angesichts der drohenden Terrorherrschaft der Nationalsozialisten Suizid begangen, während Margot, damals 17 Jahre alt, ihren Vater durch das Verhindern einer Überdosis Gift retten konnte.
Auf ihrem Sterbebett in den USA vor drei Jahren äußerte sie den Wunsch, in Dresden bestattet zu werden: „Als sie verstarb, sprach sie mehrfach auf Deutsch ‚Mutter, Mutter‘“, berichtet ihre Tochter Carolin Karp an der neuen Familiengrablege. „Wir sind sehr dankbar, dass ihr Wunsch in Erfüllung ging.“
Die jüdische Gemeinde stimmte diesem außergewöhnlichen Anliegen zu, obwohl im jüdischen Glauben eigentlich die Erdbestattung am Sterbeort vorgesehen ist. Ekaterina Kulakova (55), Vorsitzende des Landesverbands Jüdischer Gemeinden, betrachtet das Grab als Symbol eines Neuanfangs: „Man kann das Herz nicht verbiegen. Dresden war ihre Heimat, und wenn künftig die Angehörigen hier zu uns kommen, sind sie keine bloßen Besucher, sondern Teil unserer Familie.“
Das Grab befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den Gräbern der bekannten Familie Arnhold und wurde bei der Restaurierung absichtlich nicht vollständig restauriert: „Man sieht Dellen und abgebrochene Kanten, denn so sah es aus, nachdem hier eine Splittergranate eingeschlagen war“, erläutert ein zuständiger Denkmalpfleger vor Ort.
Margot Karp wurde 1920 in Dresden geboren. Nach ihrer Deportation nach Polen gelang ihr letztlich die Flucht nach England, wo sie das Kriegsende erlebte. Anschließend war sie unter anderem als Übersetzerin bei den Nürnberger Prozessen für die US-Streitkräfte tätig.
Zur Erinnerung an das Schicksal ihrer Familie wird am Freitag vor dem letzten Wohnhaus der Familie in der Neustädter Tieckstraße 15 ein Stolperstein verlegt. Bislang erinnern 393 Stolpersteine sowie eine Stolperschwelle auf dem Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs an die Opfer des Nationalsozialismus.