Kein Olympia mehr: Claudia Pechstein beendet ihre Karriere im Eisschnelllauf
Von Martin Kloth
Berlin – Die glanzvolle Karriere von Claudia Pechstein im Eisschnelllauf endet mit 53 Jahren. Nur elf Tage nachdem sie den langwierigen, millionenschweren Rechtsstreit mit dem Eislauf-Weltverband (ISU) versöhnlich beendete, verkündete die Berlinerin in ihrer Heimatstadt ihren Rückzug aus dem Leistungssport.
"Es ist jetzt an der Zeit aufzuhören. Ich hatte immer gesagt, dass ich, wenn alles vorbei ist, die Schlittschuhe an den Nagel hängen werde", erklärte die fünfmalige Olympiasiegerin und sechsmalige Weltmeisterin während einer Pressekonferenz. Zukünftig plant sie, als Trainerin und Beraterin aktiv zu bleiben. "Ich bleibe also dem Eissport verbunden, aber nicht mehr als Wettkämpferin."
Bereits am vergangenen Montag informierten Pechstein, ihr Lebensgefährte Matthias Große und am folgenden Tag auch die ISU darüber, dass der Streit um Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von rund 8,4 Millionen Euro nach mehr als 16 Jahren seinen Abschluss gefunden hat.
Die Einigung beider Parteien wurde am 27. Februar außerhalb des Gerichts erzielt. "Ich habe mich schon lange auf den Moment gefreut, in dem dieser Fall endlich beendet ist", sagte Pechstein.
Über die Einzelheiten der von beiden Seiten als „gütliche Einigung“ bezeichneten Abmachung herrscht Stillschweigen. "Die ISU würdigt Frau Pechsteins sportliche Erfolge und begrüßt ihren künftigen Beitrag zur Förderung der Athleten sowie des gesamten Eisschnelllaufsports", mitteilte der Weltverband. Damit war auch Pechsteins Rücktritt ein Schritt, der nun den Weg freimacht.
Die Einigung, die nach einer mündlichen Verhandlung am Oberlandesgericht München am 24. Oktober erreicht wurde, markiert einen Wendepunkt: Pechstein hatte die ISU wegen ihrer Meinung nach ungerecht verhängten zweijährigen Doping-Sperre aus dem Jahr 2009 verklagt (Az. U 1110/14 Kart.), wobei sie Doping stets bestritten hatte – auch vor Gericht.
Karriereende nach langjährigem Rechtsstreit
Mit diesem außergerichtlichen Vergleich hat die ehemalige Leistungssportlerin ihr Hauptziel nach jahrelangem Kampf erreicht: die Wiederherstellung ihres guten Rufs, die Beseitigung des Doping-Flecks und ihre komplette Rehabilitation. "Noch nie war ich so nah an einer vollständigen Rehabilitation wie heute", so Pechstein nach der Verhandlung.
Überraschenderweise unterzogen sich Pechstein und ihr Vater vor der Einigung einer zweiten Blutuntersuchung in einem Schweizer Krankenhaus. Das Testresultat offenbarte, dass sie an einer "milden Form der dehydrierten hereditären Stomatozytose (DHSt)" leidet – einer erblich bedingten Blutanomalie, bei der die Zahl der jungen roten Blutkörperchen (Retikulozyten) erhöht ist.
Während ihres langen Prozesses vor Sport- und Zivilgerichten hatte Pechstein diesen Befund bereits vorgebracht. Im Jahr 2009 ließ die ISU sie aufgrund des erhöhten Retikulozytenspiegels sperren und führte dies mit der "Anwendung der verbotenen Methode des Blutdopings" ins Feld.
Claudia Pechstein bestritten 1991 ihr erstes Weltcup-Rennen – der Auftakt zu einer einzigartigen Karriere. Vier Jahre später, 1995, errang sie ihren ersten von insgesamt 34 Siegen in der Serie, und 2017 feierte sie ihren letzten Triumph. Als einzige Frau nahm sie seit 1992 an acht Olympischen Winterspielen teil – abgesehen von ihrem unfreiwilligen Ausfall in Vancouver 2010 – und holte insgesamt neun Medaillen, davon fünf Gold. Ergänzt wird dies durch sechs Weltmeistertitel sowie sechs aufgestellte Weltrekorde.
Bei ihren letzten Olympischen Spielen 2022 in Peking erreichte sie kurz vor ihrem 50. Geburtstag im Massenstart den neunten Platz. "Ich glaube, ich habe gezeigt, dass ich auch in meinem Alter noch zu Höchstleistungen fähig bin – etwas, das mir viele nie zugetraut haben. Ich bin unglaublich stolz auf mich", äußerte sie damals.
Bereits in China war jedoch klar, dass Pechstein international nicht mehr im Rennen um Podestplätze mithalten konnte. Im Jahr 2023 gewann sie ihren 43. deutschen Meistertitel. Zum Start in die nun ausklingende Wintersaison verzichtete sie aufgrund des Rechtsstreits gegen die ISU auf einen Lauf bei den nationalen Titelkämpfen und trat anschließend zum ersten Mal seit 2011 auch nicht mehr in einem weiteren Weltcup-Rennen an.