Turn-Bundestrainer äußert sich zum Dopingsystem in der DDR: „Geahnt trifft es wohl am besten“
Von Patrick Reichardt
Leipzig – Vor dem Start der Heim-Europameisterschaft in Leipzig hat Jens Milbradt (56), der Bundestrainer im deutschen Turnen, seine Gedanken zum Thema Doping in der DDR geäußert.
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Auf die Frage, ob er in seiner aktiven Zeit von Doping im Turnen wusste oder zumindest Vermutungen hatte, erklärte der 56-Jährige gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Ausgabe vom Montag): „Geahnt ist sicherlich der passendere Ausdruck.“
Milbradt erläuterte weiter: „Vor Auslandsreisen in kapitalistische Länder war es üblich, sich bestimmten Kontrollen zu unterziehen. Da hat man sich schon gefragt: Weshalb macht man so etwas, wenn man glaubt, nie etwas eingenommen zu haben? Das hat deutlich gemacht, dass hinter den Kulissen wohl etwas lief.“
Auf eine direkte Nachfrage, ob er persönlich mit Doping in Berührung gekommen sei, wich der Cheftrainer in dem Interview aus mit den Worten: „Im Grunde sollte es doch um die Zukunft des deutschen Männerturnens gehen.“
Seit November letzten Jahres hat Milbradt das Amt von Valeri Belenki (55) übernommen.
Auch der Missbrauchsskandal im deutschen Turnen beschäftigt ihn sehr.
Er forderte eine differenziertere Betrachtung und meinte: „Was mich am meisten ärgert oder traurig stimmt, ist, dass es nicht gelungen ist, die Turnerinnen, die Trainer und vor allem auch den DTB in einen offenen Dialog zu bringen. Das wäre eine viel bessere Lösung gewesen als die aktuelle Situation.“
Mehrere ehemalige und aktive Turnerinnen, unter ihnen die frühere Nationalathletin Tabea Alt (25), haben seit Jahresende Missstände öffentlich gemacht.
Milbradt sieht die aktuellen Vorwürfe gegen den Turnsport jedoch als berechtigt an. „Auf jeden Fall. Ich bin überzeugt, wir leben in einer Zeit, in der es vollkommen legitim ist, Probleme offen anzusprechen“, erklärte der Trainer.