Vom Triumph zur Therapie: Radsport-Ikone Ullrich spricht offen über Doping und seelische Krise
Merdingen – Die Radsportlegende Jan Ullrich (51) hat zwar wieder das Fahrrad bestiegen, doch die eigentliche Reise führt tief ins Innere: Die Terra-Xplore-Dokumentation „Hochleistung trotz Depression?“ begleitet den Tour-de-France-Sieger auf einer persönlichen Spurensuche durch seine Lebensgeschichte.
Der Psychologe und Moderator Leon Windscheid (36) trifft Ullrich in dessen Heimatort Merdingen im Schwarzwald, um herauszufinden, wie der erfolgreichste deutsche Radprofi in eine depressive Phase abrutschen konnte.
Ein entscheidender Wendepunkt war Ullrichs Rauswurf aus seinem damaligen Team aufgrund der Dopingvorwürfe. Seine Karriere begann vielversprechend: 1997 gewann der heute 51-Jährige die Tour de France und ist bis heute der einzige deutsche Fahrer, der dieses Straßenradrennen für sich entscheiden konnte. Im Jahr 2006 musste er jedoch das T-Mobile-Team verlassen, bei dem er unter Vertrag stand.
Ullrich räumt ein, dass Doping damals zum Sport gehörte. „Das Problem bestand im gesamten Radsport. Damals gab es noch kein offenes Eingeständnis“, erklärt er.
Nach seiner Suspendierung zog sich Ullrich zurück und fiel in eine Depression. Alkohol und Drogen sollten die innere Dunkelheit überdecken, sein Leben schien zum Stillstand gekommen zu sein. „Viele Jahre habe ich gar nichts unternommen“, gesteht der 51-Jährige.
Er erinnert sich weiter: „Niemand weiß, welchen schweren Rucksack du gerade trägst. Alle erwarten, dass du weitermachst und positiv bleibst.“
Ullrich beschreibt die schlimmsten Momente so: „Man steht in einem dunklen, leeren Raum und weiß nicht, was als Nächstes kommt. Man möchte einfach nur den Vorhang zuziehen.“
Schließlich fand der 51-Jährige zurück zur Hoffnung. Er erkannte, dass die Krankheit nicht durch bloßen Willen verschwindet, sondern nur durch das Zulassen von Unterstützung.
Die Therapie zeigte Wirkung. „Plötzlich konnten sich die dunklen Wolken verziehen“, erinnert sich Ullrich. „Heute macht mir das Leben wieder Freude. Es gibt einen Weg hinaus.“
Die Dokumentation blickt jedoch über das persönliche Schicksal hinaus. Leon Windscheid erklärt, was sich hinter dem Begriff „hochfunktionale Depression“ verbirgt. Zudem führt er Gespräche mit Fachleuten und lässt weitere Betroffene zu Wort kommen.
Die Doku „Jan Ullrich – Hochleistung trotz Depression?“ ist am Sonntag, den 19. Oktober um 17:15 Uhr im ZDF zu sehen oder steht bereits jetzt in der Mediathek zur Verfügung.