Trainerin wegen Missbrauchsvorwürfen entlassen – Reaktionen der Sportlerinnen stoßen auf Erstaunen
Mailand (Italien) – Die italienische Rhythmische Sportgymnastik wird seit drei Jahren von gravierenden Missbrauchsvorwürfen gegen ihre langjährige Cheftrainerin Emanuela Maccarani (58) erschüttert. Jetzt wurde sie fristlos entlassen, was zu unerwarteten Reaktionen bei den Athletinnen geführt hat.
Den Angaben zufolge brachen die Mädchen und jungen Frauen am Mittwoch in Tränen aus, als sie von der plötzlichen Entlassung erfuhren. Selbst am folgenden Tag waren sie nicht in der Lage, an Trainingseinheiten teilzunehmen.
Martina Centofanti (26), fünfmalige Weltmeisterin und Bronzemedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris, berichtete auf Instagram, dass sie und ihre Teamkolleginnen "ohne offizielle Information von einem Verbands- oder Ratsmitglied beziehungsweise einem Athletenvertreter" erfuhren, dass ihre Trainerin ab dem nächsten Tag nicht mehr aktiv sein werde – und das nur eine Woche vor dem ersten internationalen Einsatz der neuen Mannschaft.
Sie bemängelte, dass die Mitteilung über die Entlassung ihrer Trainerin allein über die Messenger-App „Telegram“ erfolgte und dass weder vor noch nach diesem Vorfall ein persönliches Gespräch mit den Sportlerinnen stattfand.
Bereits seit 2022 steht Maccarani stark in der Kritik. Ihre ehemalige Schülerin Nina Corradini hatte in einem Buch berichtet, dass die Trainerin strenge Fastenregime durchsetzte und ihre Sportlerinnen verspottete. Obwohl Maccarani bislang lediglich eine Verwarnung erhalten hatte, kam es jetzt aufgrund einer personellen Neuausrichtung im Verband zur fristlosen Kündigung. Andrea Facci (40), der neue Präsident, traf demnach diese Entscheidung und übernimmt zumindest vorläufig bis zum 30. Juni auch die Leitung des Teams.
Maccarani war über 30 Jahre lang als technische Direktorin und Cheftrainerin tätig. "Der neu gewählte Präsident hat sich nie die Zeit genommen, uns als neue Mannschaft vorzustellen, obwohl er mehrfach die Chance dazu hatte", ergänzte Centofanti in ihrer Instagram-Story.
"Nach drei Jahren befinden wir uns in einer noch unsichereren und benachteiligenderen Situation – sowohl für uns sportlich als auch was die nationale Sportplanung betrifft. Dies wird natürlich erhebliche Auswirkungen auf unsere tägliche Arbeit, unseren emotionalen Zustand und unser allgemeines Wohlbefinden haben", so die 26-Jährige weiter.
Bereits Anfang März war bekannt geworden, dass erneut Missbrauchsvorwürfe gegen die Trainerin erhoben wurden. Zunächst waren sowohl Maccarani als auch ihre ehemalige Assistentin Olga Tishina in einem vorangegangenen Verfahren vor dem Sportgericht freigesprochen worden. Das Nationale Olympische Komitee Italiens setzte sich jedoch für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ein, da man der Auffassung war, dass Zeugenaussagen zugunsten der Trainerinnen zu sehr ins Gewicht fielen gegenüber kritischen Aussagen, wie "Open Online" berichtete.
Sogar die Staatsanwaltschaft hatte empfohlen, die Anklage gegen beide Trainerinnen fallen zu lassen. Während der Ermittlungsrichter in Monza im Falle Tishinas den Vorwurf zurückwies, sieht sich Maccarani nun erneut mit Anklage konfrontiert.